Das International Rescue Committee (IRC) fordert internationale Aufmerksamkeit für die humanitäre Krise in Burkina Faso, wo derzeit fast 5 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigen. In einer Mitteilung vom Donnerstag erklärte die Nichtregierungsorganisation (NGO), dass mehr als 800.000 Frauen, Männer und Kinder in 26 Städten unter einer Blockade leben und nur begrenzten oder gar keinen Zugang zu lebensnotwendigen Gütern haben, was zu einer beispiellosen Nahrungsmittelkrise im Land geführt hat.
In Burkina Faso leiden derzeit schätzungsweise 2,2 Millionen Menschen an Hunger, und diese Zahl wird bis September 2023 voraussichtlich auf 3,3 Millionen ansteigen. Davon sind fast 650.000 Menschen von extremem Hunger bedroht, was bedeutet, dass Menschen bereits jetzt aus Mangel an Nahrung ihr Leben verlieren (IPC Phase 4 und 5).
Das IRC warnt davor, dass die Zahl der Hungernden im Land in den nächsten zwei Monaten um 50 Prozent ansteigen könnte, wenn nicht unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden. Schätzungen zufolge werden in der mageren Jahreszeit 2023 etwa 400.000 Kinder unter fünf Jahren in dem Land an akuter Unterernährung leiden.
"Ich bin vor kurzem aus Burkina Faso zurückgekehrt und habe mich aus erster Hand vom Ernst der humanitären Lage überzeugen können. Mehrere Städte, darunter auch Dschibo, stehen unter einer Blockade, die es den Familien unmöglich macht, sich das Nötigste zu beschaffen", sagte Modou Diaw, regionaler Vizepräsident des IRC Westafrika.
"Trotz der Bemühungen verschiedener Akteure, Hilfsgüter in die Stadt zu bringen, ist Dschibo, das einst ein bekannter Markt in der Region war, heute fast eine Geisterstadt."
Dschibo beherbergt eine große Zahl von Binnenflüchtlingen und wird derzeit von nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen belagert, was den Zugang für humanitäre Hilfe stark beeinträchtigt.
Der Humanitäre Reaktionsplan (HRP) für Burkina Faso für 2023 ist stark unterfinanziert, wobei für Ernährungsdienste weniger als 25 Prozent der Summe zur Verfügung stehen, die erforderlich ist, um die Bedürfnisse der von extremem Hunger betroffenen Menschen zu decken.
Das IRC fordert die internationalen Entscheidungsträger und Geber auf, den HRP für Burkina Faso in vollem Umfang zu finanzieren und mit den wichtigsten Akteuren in einen sinnvollen Dialog einzutreten, um den Zugang zu den Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten, die am dringendsten humanitäre Hilfe benötigen.
"Die humanitäre Gemeinschaft muss ihre Verpflichtung bekräftigen, mit allen Akteuren zusammenzuarbeiten, um Zugang zu den Menschen zu erhalten, die in den belagerten Städten in Burkina Faso eingeschlossen sind. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass das HRP vollständig finanziert wird, einschließlich spezieller Ernährungsdienstleistungen und -güter, um die Ursachen der Ernährungsunsicherheit zu bekämpfen und zu verhindern, dass sich die Zahl der Hungernden bis zum Jahresende verdoppelt", sagte Diaw.
Nach Angaben des International Rescue Committee steigt die Zahl der aufgrund der unsicheren Lage in Burkina Faso geschlossenen Gesundheitseinrichtungen weiter an: Im August 2022 waren 195 Einrichtungen geschlossen, im August 2021 waren es 183. Die Sicherheitskrise wirkt sich auch negativ auf das Bildungswesen in Burkina Faso aus, da aufgrund von Konflikten und Unsicherheit in vielen Städten über 6.000 Schulen geschlossen sind.
Die Sahelregion des Landes ist von der Unsicherheit und den Schwierigkeiten beim Zugang zu den Märkten stark betroffen. Mehrere Städte in Burkina Faso, wie z. B. Dschibo, sind auf dem Landweg nicht erreichbar oder werden blockiert, so dass die Menschen nicht in der Lage sind, grundlegende Dinge wie Lebensmittel zu kaufen oder Zugang zu wichtigen Versorgungsleistungen zu erhalten.
Das IRC erklärt, dass die Bemühungen der burkinischen Behörden und der humanitären Organisationen im Bereich der Nahrungsmittelhilfe nach wie vor unzureichend seien und dass dringend nachhaltigere und kostengünstigere Lösungen gefunden werden müssten. Die Analyse der Ernährungssicherheit des Cadre harmonisé zeigt, dass zum ersten Mal seit Beginn der Datenerfassung fast 40.000 Menschen von katastrophalem Hunger betroffen sind (IPC-Phase 5).
Seit dem Ausbruch der Krise vor fünf Jahren hat sich die Lage in Burkina Faso rapide und verheerend verschlechtert. Waren 2022 noch 3,5 Millionen Menschen in Burkina Faso auf humanitäre Hilfe angewiesen, so ist diese Zahl bis Anfang 2023 auf 4,9 Millionen angestiegen.
Mehr als 2 Millionen Menschen mussten aus ihren Häusern fliehen, und fast ein Viertel der Bevölkerung von Burkina Faso benötigt jetzt humanitäre Hilfe. Im ganzen Land leben 800.000 Menschen in Gebieten, die von bewaffneten Gruppen blockiert werden und in denen sie nicht einmal Zugang zur Grundversorgung haben. Quellen vor Ort berichten, dass die Lage immer verheerender wird und einige Menschen gezwungen sind, Blätter zu essen, um zu überleben.
Die internationale humanitäre Organisation Norwegian Refugee Council (NRC) warnte in einer im Juni erschienenen Analyse, dass die Situation in Burkina Faso die am meisten vernachlässigte Vertreibungskrise der Welt sei. In einem im Mai veröffentlichten Frühwarnbericht der Vereinten Nationen heißt es, Burkina Faso gehöre zu den "besorgniserregendsten Hunger-Hotspots" der Welt, in denen humanitäre Maßnahmen entscheidend seien, um weitere Todesfälle zu verhindern.
Weitere Informationen
Vollständiger Text: Ernährungssicherheit in Burkina Faso verschlechtert sich inmitten des anhaltenden Konflikts, warnt das IRC, International Rescue Committee (IRC), Pressemitteilung, 20. Juli 2023 (in Englisch)
https://www.rescue.org/press-release/food-security-burkina-faso-worsening-amid-continued-conflict-warns-irc