Das Land
Der Libanon ist ein Land im Nahen Osten, das 1943 seine Unabhängigkeit von Frankreich erlangte. Das Land grenzt an das Mittelmeer, Israel und Syrien. Seine Hauptstadt ist Beirut. Der Libanon erstreckt sich über eine Fläche von 10,400 Quadratkilometern. Im Jahr 2024 leben in dem Land schätzungsweise zwischen 5,3 und 6,8 Millionen Menschen.
Die humanitäre Lage
Im September 2024 wurden die Kampfhandlungen im Libanon durch Israel massiv verschärft, mit Tausenden von Luftangriffen, die auf dem gesamten libanesischen Territorium ausgeführt wurden. Die Eskalation des Krieges hat zu erheblichen zivilen Todesopfern und Verletzten geführt und Massenvertreibungen ausgelöst, so dass Hunderttausenden von Menschen aus dem Südlibanon nach Beirut, Syrien und in andere vermeintlich sicherere Gebiete fliehen mussten. Vor der jüngsten Verschlechterung der Lage im gesamten Libanon steckte das Land bereits in einer lang andauernden humanitären Krise.
Seit dem 23. September, nach der jüngsten israelischen Militäroffensive im Libanon, wurden mindestens 900.000 Menschen neu vertrieben. Diese Zahl kommt zu den mehr als 111.000 Menschen hinzu, die seit Oktober 2023 aus dem Südlibanon fliehen mussten.
Durch die israelischen Angriffe wurden nun mehr als eine Million Menschen im Nachbarland vertrieben, von denen viele dringend humanitäre Hilfe benötigen. Mehr als 300.000 Libanesen und Syrer sind aus Verzweiflung aus dem Libanon nach Syrien geflohen, da die israelischen Luftangriffe andauern. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) verstärkt seine Unterstützung für die wachsende Zahl von Vertriebenen.
Seit dem 23. September hat Israel seine wahllosen und großflächigen Luftangriffe auf den Libanon intensiviert und ausgeweitet, wobei Berichten zufolge mehr als 1.300 Menschen getötet und mehr als 6.000 verletzt wurden. Israelische Streitkräfte haben im gesamten Libanon, einschließlich Beirut, unerbittliche Luftangriffe durchgeführt. Am 1. Oktober leitete Israel eine Bodeninvasion im Südlibanon ein.
Ebenfalls am 1. Oktober starteten die Vereinten Nationen und humanitäre Partner gemeinsam mit der libanesischen Regierung einen dringenden Nothilfeaufruf, um den schnell wachsenden humanitären Bedarf im Land zu decken. Der Hilfeappel in Höhe von 426 Millionen US-Dollar zielt darauf ab, in den nächsten drei Monaten humanitäre Hilfe für eine Million Menschen bereitzustellen.
Seit Ende 2019 ist der Libanon mit einer komplexen humanitären Krise konfrontiert, die auf mehrere große sozioökonomische Schocks, anhaltende politische Instabilität und den rapiden Verfall der Wirtschaft zurückzuführen ist. Hyperinflation, die Abwertung des libanesischen Pfunds (LBP) und fehlende Möglichkeiten für den Lebensunterhalt haben die Armut massiv vergrößert und den Hunger vergrößert. Der Libanon ist nach wie vor das Land, das pro Kopf der Bevölkerung die meisten Flüchtlinge aufnimmt.
Mehr als 13 Jahre nach Beginn der Syrienkrise schätzt die libanesische Regierung, dass das Land 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge beherbergt (814.715 sind registriert), was den Libanon zum zweitgrößten Aufnahmeland nach der Türkei macht. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) hat der sozioökonomische Abschwung im Land zu einem exponentiellen Anstieg der extremen Armut und der Schutzrisiken für syrische Flüchtlinge im Libanon geführt. 90 Prozent dieser Flüchtlinge leben in extremer Armut. Darüber hinaus gibt es 209.000 registrierte palästinensische Flüchtlinge im Land, darunter 180.000 palästinensische Flüchtlinge im Libanon und 31.000 palästinensische Flüchtlinge aus Syrien.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise des Landes ist nach Angaben der Weltbank einer der schwersten wirtschaftlichen Zusammenbrüche weltweit seit Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Die politische und wirtschaftliche Krise im Libanon hat zu weit verbreiteter Armut in der Bevölkerung, zum Zusammenbruch der öffentlichen Dienste und zu wachsenden Spannungen geführt, die durch den Krieg gegen die Ukraine und die weltweite Nahrungsmittelkrise noch verschärft werden.
Armut ist die Hauptursache für den Hunger in dem Land im Nahen Osten. Mehr als 80 Prozent der Menschen im Libanon leben in mehrdimensionaler Armut, die sich in unterschiedlichen Bereichen wie Gesundheitsversorgung, Elektrizität, Wasser, Sanitäranlagen, Transport, Vernetzung und Einkommensmöglichkeiten widerspiegelt.
Die jüngste Analyse der IPC (Integrierte Klassifizierung der Ernährungssicherheitsphasen) zur akuten Ernährungsunsicherheit zeigt, dass zwischen April und September dieses Jahres 1,26 Millionen Menschen im Libanon, einschließlich der Libanesen und der Flüchtlingsbevölkerung, von Hunger im Krisenstadium oder schlimmer betroffen sind und dringend humanitäre Hilfe benötigen, um Nahrungsmittellücken zu schließen, ihre Lebensgrundlagen zu schützen und wiederherzustellen und akute Unterernährung zu verhindern. Dazu gehören 85.000 Menschen in IPC-Phase 4 (Notfall) und 1,18 Millionen Menschen in IPC-Phase 3 (Krise).
Insgesamt 683.000 Libanesen, 510.000 syrische Flüchtlinge, 55.000 palästinensische Flüchtlinge im Libanon und 13.600 palästinensische Flüchtlinge aus Syrien im Libanon befinden sich zwischen April und September 2024 voraussichtlich in der IPC-Phase 3 (Krise) oder schlimmer, d. h. sie haben große Ernährungslücken, die sich in einer sehr hohen akuten Unterernährung niederschlagen. Das hohe Niveau der Ernährungsunsicherheit wird durch eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, die Abwertung des libanesischen Pfunds, die anhaltende Inflation und die unzureichende humanitäre Hilfe noch verstärkt.
Die Vereinten Nationen schätzen, dass im Jahr 2023 2,3 Millionen Menschen im Libanon humanitäre Hilfe benötigten, darunter 2 Millionen Libanesen, 209.000 palästinensische Flüchtlinge und 90.000 Migranten. Darüber hinaus benötigten etwa 90 Prozent der 1,5 Millionen syrischen Flüchtlinge im Land weiterhin humanitäre Unterstützung. Insgesamt waren also 3,65 Millionen Männer, Frauen und Kinder, die im Land leben, im vergangenen Jahr auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Humanitäre Organisationen konzentrieren sich darauf, die von der Wirtschaftskrise am stärksten betroffenen Menschen kurzfristig zu unterstützen, um ihren kritischen Bedarf an Gesundheitsversorgung, Nahrungsmitteln, Ernährung, Bildung und Wasser zu decken.
Die libanesische Regierung erklärte am 6. Oktober 2022 einen Choleraausbruch, den ersten seit 1993. Bis Juni 2023 meldete die Regierung 8.007 vermutete oder bestätigte Cholerafälle und 23 Todesfälle.
Die Sicherheitslage
Seit seiner Unabhängigkeit hat der Libanon mehrere Perioden politischer Unruhen erlebt, die von Wohlstand unterbrochen wurden, der auf seiner historischen Position als regionales Finanz- und Handelszentrum beruhte. Dieser Status ist gleichwohl seit Beginn der libanesischen Wirtschaftskrise im Jahr 2019, die gleichzeitige Währungs-, Schulden- und Bankenkrisen umfasst, erheblich geschwächt.
Auf den Bürgerkrieg von 1975 bis 1990 folgten Jahre der sozialen und politischen Instabilität. Das Konfessionsdenken ist ein Schlüsselelement des politischen Lebens im Libanon. Der Libanon ist eine parlamentarische Republik auf der Grundlage des Nationalpakts von 1943, der die Regierungsgewalt zwischen einem christlichen Präsidenten, einem schiitischen Sprecher der Abgeordnetenkammer (Parlament) und einem sunnitischen Premierminister aufteilt.
Der Syrienkonflikt hat das Land wirtschaftlich und gesellschaftlich in Mitleidenschaft gezogen. In den vergangenen 13 Jahren hat der Konflikt die ohnehin schon schwache Infrastruktur des Landes und seine Fähigkeit, soziale Dienstleistungen zu erbringen, weiter belastet. Das Nachbarland Syrien hat in der Vergangenheit die Außen- und Innenpolitik des Libanon beeinflusst, und sein Militär besetzte den Libanon von 1976 bis 2005. Die Hisbollah - eine wichtige politische Partei und Miliz im Libanon - und Israel setzten ihre Angriffe und Gegenangriffe nach dem Rückzug Syriens fort und lieferten sich 2006 einen kurzen Krieg.
Seit dem 7. Oktober 2023 hatten die Feindseligkeiten entlang der israelisch-libanesischen Grenze zwischen bewaffneten Gruppen – darunter die Hisbollah – und dem israelischen Militär verheerende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung. Vor September 2024 waren mehr als 110.000 Menschen im Libanon durch die Kämpfe aus dem Süden vertrieben worden; mindestens 60.000 Menschen wurden im Norden Israels aufgrund anhaltender Gewalt und Raketenangriffe durch libanesische bewaffnete Gruppen vertrieben.
In den frühen Morgenstunden des 23. September kam es bei einer groß angelegten Militäroperation Israels im Libanon zum tödlichsten Beschuss über die Blue Line seit Oktober 2023. Die israelischen Angriffe erstreckten sich auf Regionen, die bisher vom Konflikt verschont geblieben waren, darunter Luftangriffe im Nordlibanon. Die Eskalation der Feindseligkeiten hat verheerende Folgen für die Zivilbevölkerung.
Am 23. September erlebte der Libanon den tödlichsten Tag in der Geschichte des Landes seit dem Ende des Bürgerkriegs im Jahr 1990. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums beläuft sich die Gesamtzahl der Todesopfer seit dem 8. Oktober letzten Jahres auf mehr als 1.900, während mehr als 9.000 Menschen verletzt wurden. Die meisten Toten und Verletzten wurden in den vergangenen zwei Wochen verzeichnet.
Seit Oktober 2023 liefern sich die Hisbollah und Israel Gefechte, die sich hauptsächlich auf den Südlibanon und den Norden Israels beschränken, nachdem palästinensische bewaffnete Gruppen Angriffe auf israelisches Gebiet verübt hatten. Bis zum 10. September war die Zahl der Todesopfer durch israelische Angriffe im Libanon auf 589 gestiegen, und die Zahl der Verletzten überstieg 2.500.
Die jüngste Verschärfung der Gewalt folgt auf einen Anstieg des grenzüberschreitenden Beschusses zwischen der Hisbollah und israelischen Streitkräften entlang der Demarkationslinie Blue Line und auf zwei aufeinanderfolgende Tage mit Terroranschlägen im Libanon, bei denen durch tödliche Explosionen von drahtlosen Geräten mindestens 37 Menschen getötet und mehr als 3.400 Menschen verstümmelt oder verletzt wurden.
Nach dem wochenlangen Krieg zwischen Israel und dem Libanon im Jahr 2006, der im gesamten Libanon weitreichende Zerstörungen anrichtete und etwa 1.100 Menschenleben forderte, verabschiedete der UN-Sicherheitsrat einstimmig die Resolution 1701. Sie legte eine Pufferzone zwischen der Blue Line im Südlibanon, einer Demarkationslinie zwischen dem Libanon und Israel und den Golanhöhen, und dem Litani-Fluss in Israel fest. Unter anderem wurden sowohl Israel als auch der Libanon in der Resolution 1701 dazu aufgefordert, einen dauerhaften Waffenstillstand und eine umfassende Lösung der Krise zu unterstützen.
Laut dem Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) benötigen humanitäre Hilfsorganisationen dringend mindestens 170 Millionen US-Dollar, um die laufenden humanitären Maßnahmen aufrechtzuerhalten und auf neue Erfordernisse zu reagieren, die durch die Eskalation entstanden sind.
Hilfsorganisationen benötigen diese Mittel umgehend, um grundlegende Hilfsgüter wie Lebensmittel, Medikamente und Unterkünfte für die Soforthilfe im Libanon bereitzustellen und bestehende Hilfsdienste für die betroffene Bevölkerung zu unterstützen. OCHA warnt, dass der Bedarf mit zunehmenden Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung nur noch steigen wird.
Nach Angaben von OCHA hatten der beispiellose wirtschaftliche Zusammenbruch und die schwache Regierungsführung im Libanon zu einem Anstieg der Spannungen und Sicherheitsvorfälle geführt, die häufig durch den Konkurrenzkampf um grundlegende Dienstleistungen und Waren ausgelöst wurden.
Die Kriminalitätsrate ist nach wie vor hoch, und Berichten zufolge haben Hassreden und die Stigmatisierung von Gemeinschaften zugenommen. Die staatlichen Institutionen und Dienste, die bereits vor der verschärften Krise unter jahrelangen Unterinvestitionen litten, stehen nun kurz vor dem Zusammenbruch.
Aus dem Libanon wird von erheblichen Menschenrechtsproblemen berichtet, darunter schwerwiegende politische Eingriffe in die Justiz, schwerwiegende Einschränkungen der freien Meinungsäußerung und der Medien, Gewalt, Androhung von Gewalt oder ungerechtfertigte Verhaftungen oder strafrechtliche Verfolgung von Journalisten, Zensur und Gesetze, die Verleumdung unter Strafe stellen, sowie schwerwiegende Einschränkungen der Internetfreiheit.
Darüber hinaus gibt es Berichte über die Abschiebung von Flüchtlingen in ein Land, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht sind, über schwerwiegende und weit verbreitete Korruption auf hoher Ebene, über das Bestehen oder die Anwendung von Gesetzen, die einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen kriminalisieren, über Gewaltverbrechen oder Gewaltandrohungen gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender, queeren oder intersexuellen Personen sowie über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit.
Spenden
Ihre Spende für die Nothilfe im Libanon kann den Organisationen der Vereinten Nationen, internationalen humanitären Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und ihren Partnern vor Ort dabei helfen, den Menschen, die es am nötigsten brauchen, rasch Wasser, Nahrungsmittel, Medikamente, Unterkünfte und andere Hilfsgüter zur Verfügung zu stellen.
- UN-Krisenhilfe: Krise im Libanon
https://crisisrelief.un.org/lebanon-crisis - UN-Krisenhilfe: Humanitärer Fonds für den Libanon
https://crisisrelief.un.org/t/lebanon - UNICEF Deutschland: Spenden Libanon
https://www.unicef.de/informieren/projekte/asien-4300/libanon-19414 - UNO-Flüchtlingshilfe: Spenden für den Libanon
https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/libanon - International Rescue Committee (IRC): Libanon
https://www.rescue.org/de/land/libanon - Welternährungsprogramm (WFP): Nothilfeaufruf für den Libanon
https://www.wfp.org/countries/lebanon - Malteser International: Multiple Krisen im Libanon
https://www.malteser-international.org/de/hilfe-weltweit/naher-osten/libanon/multiple-krisen-im-libanon.html - Welthungerhilfe: Für den Libanon spenden
https://www.welthungerhilfe.de/spenden-libanon
Sie können auch eine nicht zweckgebundene Spende an Organisationen in Erwägung ziehen, die in dem Land aktiv sind.
- Ärzte ohne Grenzen: Libanon
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/unsere-arbeit/einsatzlaender/libanon - CARE Deutschland: Libanon
https://www.care.de/schwerpunkte/einsatzorte/naher-und-mittlerer-osten/libanon/ - Deutsches Rotes Kreuz (DRK): Libanon: Hilfe in der Krise mit schwerer Hungersnot
https://www.drk.de/hilfe-weltweit/wo-wir-helfen/nahost/libanon-hilfe/ - Save the Children Deutschland: Libanon
https://www.savethechildren.de/informieren/einsatzorte/international/nahost-und-nordafrika-laenderuebersicht/libanon/
Weitere Organisationen, an die Sie spenden können, finden Sie unter: Humanitäre Krisenhilfe, Flucht und Vertreibung, Kinder in Not, Hunger und Ernährungsunsicherheit, Medizinische Nothilfe, Vulnerable Gruppen, Glaubensbasierte humanitäre Organisationen und Menschenrechtsorganisationen.
Weitere Informationen
- SOS-Kinderdörfer: Libanon: Ein Land in Not
https://www.sos-kinderdoerfer.de/informieren/aktuelles/news/krise-im-libanon-ein-land-in-not - UN OCHA: Lebanon (in Englisch)
https://www.unocha.org/lebanon - ACAPS: Lebanon Socioeconomic crisis (in Englisch)
https://www.acaps.org/country/lebanon/crisis/socioeconomic-crisis - European Civil Protection and Humanitarian Aid Operations (ECHO): Lebanon (in Englisch)
https://civil-protection-humanitarian-aid.ec.europa.eu/where/middle-east/lebanon_en - IPC: Lebanon Acute Food Insecurity Report December 2022 (in Englisch)
https://www.ipcinfo.org/fileadmin/user_upload/ipcinfo/docs/IPC_Lebanon_Acute_Food_Insecurity_Report_Dec2022.pdf - IFRC: Lebanon Complex Emergency (in Englisch)
https://www.ifrc.org/emergency/lebanon-complex-emergency - Human Rights Watch: World Report 2024: Lebanon (in Englisch)
https://www.hrw.org/world-report/2024/country-chapters/lebanon
Zuletzt aktualisiert: 03/10/2024