
Das Land
Haiti ist ein karibischer Staat auf der Insel Hispaniola, der gemeinsame Landgrenzen mit der Dominikanischen Republik teilt. Nach der Erklärung seiner Unabhängigkeit im Jahr 1804 wurde Haiti das erste Land der Welt, das von ehemaligen Sklaven regiert wurde. Der Staat erstreckt sich über eine Fläche von 27.750 Quadratkilometern. Seine Hauptstadt ist Port-au-Prince. Im Jahr 2025 hat das Land eine geschätzte Bevölkerung von rund 11,9 Millionen Menschen. Haiti ist das am wenigsten entwickelte Land der westlichen Hemisphäre und einer der fragilsten Staaten der Welt.
Die humanitäre Lage
In Haiti benötigen Millionen von Menschen humanitäre Hilfe, um den Hunger zu bekämpfen, und das in einer sich verschlechternden Sicherheitslage, in der bewaffnete Banden bis zu 90 Prozent der Hauptstadt kontrollieren oder beeinflussen. Das Land leidet seit langem unter Naturkatastrophen und ist nach wie vor sehr anfällig für Hurrikane, Erdbeben und Überschwemmungen. Im Jahr 2025 ist die Hälfte der Bevölkerung Haitis, etwa 6 Millionen Menschen, auf humanitäre Unterstützung angewiesen, darunter 3,3 Millionen Kinder.
Am 12. Januar 2025 jährte sich zum 15. Mal ein verheerendes Erdbeben, bei dem Hunderttausende Menschen ums Leben kamen. Im Januar 2010 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7,0 Haiti, mit einem Epizentrum etwa 25 km westlich der Hauptstadt Port-au-Prince. Schätzungen zufolge starben mehr als 300.000 Menschen, 3 Millionen waren betroffen und etwa 1,5 Millionen wurden obdachlos. Das Erdbeben wurde als das schlimmste in der Region in den letzten 200 Jahren eingestuft.
Am 14. August 2021 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7,2 den Südwesten Haitis, das mehr als 2.200 Menschen tötete, über 800.000 Menschen in Mitleidenschaft zog und weitreichende Zerstörungen verursachte.
Die Katastrophe im Jahr 2021 verschärfte die ohnehin schon schwierige humanitäre Lage, die von anhaltender politischer Instabilität, sozioökonomischer Krise, bandenbedingter Unsicherheit, Binnenvertreibung und zunehmender Ernährungsunsicherheit und Unterernährung geprägt war. Die soziopolitische Lage in Haiti verschlechtert sich derzeit weiter, während Gewalt und Kriminalität vor allem im urbanen Bereich der Hauptstadt zunehmen - die Gewalt breitet sich aber auch in ländlichen Gebieten aus. Die Gangs haben in den letzten Monaten ihre territoriale Kontrolle ausgeweitet, insbesondere in den Departements Lower Artibonite und Centre.
Seit dreieinhalb Jahren wird Haiti von bewaffneten Banden heimgesucht, die 80 bis 90 Prozent der Hauptstadt Port-au-Prince kontrollieren oder beeinflussen. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass die Gangs inzwischen 85 Prozent des Großraums Port-au-Prince (PPMA) kontrollieren.
Laut Zahlen des UN-Menschenrechtsbüros (OHCHR) wurden zwischen Januar und Juni 2025 mehr als 3.100 Menschen im Zusammenhang mit Bandengewalt getötet, wodurch sich die Gesamtzahl der Todesfälle und Verletzten seit 2022 auf mehr als 23.000 erhöht hat, darunter 16.000 Tötungen. Auch Entführungen nehmen weiter zu: In den ersten sechs Monaten des Jahres 2025 wurden 336 Menschen zur Erpressung von Lösegeld entführt. Die Rekrutierung von Kindern für Banden und sexuelle Gewalt durch Banden nehmen ebenfalls weiter zu.
Im Juni 2025 waren fast 1,3 Millionen Menschen in Haiti Binnenvertriebene, was einem Anstieg von 24 Prozent seit Dezember 2024 entspricht. Haiti verzeichnet derzeit die höchste Zahl an Menschen, die jemals durch Gewalt vertrieben wurden. Binnenvertriebene machen 11 Prozent der Bevölkerung von 11,9 Millionen Menschen aus. Viele der Vertriebenen mussten mehrfach fliehen. Kinder tragen die größte Last der Vertreibung und machen mehr als die Hälfte aller Vertriebenen aus.
Die Zahl der Vertriebenen hat sich innerhalb eines Jahres verdreifacht und ist von 315.000 im Dezember 2023 auf über eine Million im Dezember 2024 gestiegen. Allein in Port-au-Prince hat sich die Zahl der Vertriebenen fast verdoppelt und ist um 87 Prozent gestiegen. Dieser Anstieg wird durch anhaltende Bandengewalt, den Zusammenbruch grundlegender Versorgungsdienste – insbesondere der Gesundheitsversorgung – und die sich verschärfende Ernährungsunsicherheit angeheizt.
Zehntausende haben versucht, aus dem Land zu fliehen. Im Jahr 2023 haben Drittstaaten mehr als 216.000 Menschen gewaltsam nach Haiti zurückgeschickt. Trotz wiederholter Aufforderungen der Vereinten Nationen, Haitianer nicht gewaltsam zurückzuschicken, haben andere Länder im Jahr 2024 über 200.000 Haitianer abgeschoben, was die ohnehin schon überlasteten sozialen Dienste des Landes weiter belastet. Trotz der katastrophalen Menschenrechtslage und der dramatischen humanitären Krise in Haiti wurden zwischen Januar und August 2025 fast 170.000 Menschen in das karibische Land abgeschoben.
Neben einer massiven Vertreibungskrise ist Haiti auch mit einer schweren Hungerkrise konfrontiert. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung leidet unter akuter Ernährungsunsicherheit. Der jüngste Bericht zur Ernährungssicherheit zeigt, dass aufgrund der anhaltenden Bandenkriminalität und des anhaltenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs eine Rekordzahl von 5,7 Millionen Menschen unter akutem Hunger leiden.
Laut der Integrierten Klassifizierung der Ernährungssicherheit (IPC) sind fast 6 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit (IPC-Phase 3 oder schlechter) betroffen, und über 2 Millionen Menschen leiden unter einer Hungernotlage (IPC-Phase 4). Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) schätzt, dass mehr als 1 Million haitianische Kinder der IPC-Phase 4 ausgesetzt sind.
Gleichzeitig sind etwa 8.400 Menschen vermutlich von katastrophalem Hunger betroffen (IPC-Phase 5). Die IPC-Phase 5 ist die kritischste Stufe der akuten Ernährungsunsicherheit. Menschen, die diese Stufe erreichen, leiden unter extremer Nahrungsmittelknappheit und schwerer akuter Unterernährung, wodurch sie vom Hungertod bedroht sind.
Weit verbreitete Armut, steigende Lebenshaltungskosten, geringe landwirtschaftliche Produktion und teure Lebensmittelimporte haben die bestehende Ernährungsunsicherheit in Haiti verschärft, sodass viele Frauen, Männer und Kinder unter Hunger und Unterernährung leiden. Einem kürzlich veröffentlichten Frühwarnbericht zufolge gehört Haiti zu den fünf schlimmsten Krisenherden des Hungers in der Welt, in denen die Menschen von extremem Nahrungsmangel, Hunger und Tod bedroht sind.
Das Gesundheitssystem steht kurz vor dem Zusammenbruch und ist durch Gewalt und jahrelange Unterfinanzierung stark angeschlagen. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung verschlechtert sich in ganz Haiti. Besonders akut ist die Lage in der PPMA, wo laut der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (PAHO) 42 Prozent der Gesundheitseinrichtungen geschlossen sind, weitere 16 Prozent nur teilweise funktionieren und nur 42 Prozent voll funktionsfähig sind.
Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass in diesem Jahr 6 Millionen Menschen humanitäre Hilfe und Schutz benötigen, was einen weiteren Anstieg gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Der Humanitäre Reaktionsplan (HRP) für Haiti für 2025 sieht 908 Millionen US-Dollar vor, um 4 Millionen der am stärksten gefährdeten Menschen lebensrettende Hilfe zu leisten. Im September waren nur 13 Prozent des HRNP finanziert, wobei etwas mehr als 118 Millionen US-Dollar eingegangen waren.
Aufgrund der gravierenden Finanzierungsengpässe und der unsicheren Lage stehen die humanitären Maßnahmen vor erheblichen Herausforderungen. Zur Jahresmitte war der HNRP für Haiti der weltweit am schlechtesten finanzierte humanitäre Hilfeaufruf. Nach Angaben des humanitären Amtes der Vereinten Nationen wirkt sich die Finanzierungslücke auch auf die Vorbereitungen für die Hurrikansaison aus, da die Hilfsgüter bei weitem nicht ausreichen, um wirksam auf einen schweren Sturm reagieren zu können.
Wegen der durch Gewalt bedingten Zugangsbeschränkungen sind die Hilfsorganisationen nicht in der Lage, Lebensmittel, Wasser, Unterkünfte und Gesundheitsdienste wirksam bereitzustellen, und einige haben bestimmte Maßnahmen ausgesetzt oder verlegt.
Die Gewalt in Port-au-Prince hat die ohnehin schon prekäre Situation für Kinder und ihre Familien noch verschlimmert. 500.000 Kinder haben keinen regelmäßigen Zugang zu Schulen, nur begrenzten Zugang zu Wasser und alarmierende Unterernährungsraten. Die bewaffnete Gewalt hat die Zahl der Kinder in Haiti, die an schwerer akuter Unterernährung ("Severe Acute Malnutrition", SAM), auch bekannt als schwere Auszehrung ("severe wasting"), leiden, erhöht.
Im Oktober 2022 brach in Haiti erneut die Cholera aus. Zwischen Oktober 2022 und April 2024 meldete Haiti insgesamt 82.000 Verdachtsfälle von Cholera und 1.270 Todesfälle durch Cholera. Experten befürchten, dass die tatsächliche Zahl aufgrund von Untermeldungen deutlich höher liegt.
Die Vereinten Nationen gaben an, dass im Jahr 2024 etwa 5,5 Millionen Menschen humanitäre Hilfe und Schutz benötigten, was einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr entsprach. Der Bedarf an humanitärer Hilfe für die betroffene Bevölkerung wurde für 2024 auf 674 Millionen US-Dollar geschätzt. Im Januar 2025 war der Humanitäre Reaktionsplan (HRP) für Haiti für das Jahr 2024 lediglich zu 42 Prozent finanziert.
Mehr als 5,2 Millionen Menschen benötigten im Jahr 2023 humanitäre Hilfe, darunter fast 3 Millionen Kinder. Der Humanitäre Reaktionsplan (HRP) der Vereinten Nationen 2023 für Haiti erforderte 720 Millionen US-Dollar, um mehr als drei Millionen Menschen zu unterstützen. Bis Dezember war der HRP nur zu 33 Prozent finanziert. Im Juli 2023 gab das Welternährungsprogramm (WFP) bekannt, dass es gezwungen war, die Zahl der Menschen, die in Haiti Nahrungsmittelsoforthilfe erhalten, aufgrund der schwindenden Mittel um ein Viertel zu reduzieren.
Von den Überschwemmungen im November und Dezember letzten Jahres waren landesweit mehr als 315.000 Menschen betroffen.
Die Sicherheitslage
Präsident Jovenel Moïse wurde am 7. Juli 2021 ermordet, was das Land in eine extrakonstitutionelle Regierungsstruktur führte und zur wachsenden Fragilität des Landes beitrug. Die fünfjährige Amtszeit von Präsident Moïse wäre am 7. Februar 2022 zu Ende gegangen; seine Ermordung stürzte Haiti in eine tiefere politische Krise. Infolgedessen wurden die nationalen und regionalen Wahlen auf unbestimmte Zeit verschoben, und ein neuer Termin für die Präsidentschaftswahlen wurde noch nicht festgelegt.
Am 20. Juli 2021 setzte die haitianische Regierung Ariel Henry als Premierminister ein. Mit Stand vom Juni 2024 hatte Haiti keinen Präsidenten, Parlament und Senat hatte kein gewähltes Mitglied mehr und der Oberste Gerichtshof funktionierte nicht, weil es an Richtern mangelte.
Am 21. Dezember 2022 wurde von einem breiten Spektrum von haitianischen Politikern, Mitgliedern der Zivilgesellschaft, Geistlichen, Gewerkschaften und dem privatwirtschaftlichen Sektor eine nationale Konsensvereinbarung (National Consensus Agreement) über das weitere Vorgehen im Hinblick auf die Durchführung von Wahlen unterzeichnet.
Gleichzeitig haben Entführungen, Morde und Bandenkriminalität die wirtschaftliche Lage verschlechtert und die Unsicherheit, insbesondere in der Hauptstadt, erhöht. In Port-au-Prince und der Metropolregion sind etwa 150 kriminelle Gruppen aktiv, von denen viele zwei der wichtigsten kriminellen Vereinigungen angehören, der G-Pèp-Föderation und der G9-Allianz.
Banden kontrollieren oder beeinflussen 90 Prozent der Hauptstadt, gewinnen zunehmend die Kontrolle über Port-au-Prince und haben sich auf andere Teile des Landes ausgebreitet. Schätzungsweise zwei Millionen Menschen, darunter 1,6 Millionen Frauen und Kinder, leben in Gebieten, die effektiv von Banden kontrolliert werden.
Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen und Analysten stehen viele der Gangs mit politischen Akteuren in Verbindung. Sie kontrollieren auch strategische Zugangswege im Land und haben ihre kriminellen Aktivitäten auf ganz Haiti ausgeweitet. Bewaffnete Banden verüben schwere Übergriffe auf die Bevölkerung, darunter auch sexuelle Gewalt in großem Maßstab, und zwingen ganze Gemeinden zur Flucht.
Seit Juni 2021 haben wiederholte territoriale Zusammenstöße zwischen rivalisierenden Gangs in und um Port-au-Prince Tausende von Menschen gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. In den vergangenen drei Jahren haben erneute Wellen der Gewalt durch Banden Tausende von Menschen getötet und die humanitäre und politische Krise in Haiti weiter verschärft, so dass Zehntausende aus ihren Häusern fliehen mussten.
Im Jahr 2023 nahmen Morde, Entführungen und sexuelle Gewalt durch kriminelle Gruppen in und um Port-au-Prince dramatisch zu. Nach Angaben der UN wurden in Haiti mindestens 4.789 Menschen getötet und 2.490 entführt, als Folge von Gewalt durch Banden. Die Zahl der für 2023 gemeldeten Tötungsdelikte stieg im Vergleich zu 2022 um 120 Prozent, die Zahl der Entführungen um 83 Prozent.
In Haiti hat die Zahl der Morde und Lynchmorde an mutmaßlichen Bandenmitgliedern ebenfalls alarmierend zugenommen. Im Jahr 2023 wurden Hunderte von mutmaßlichen Bandenmitgliedern in allen zehn Departements Haitis von Einheimischen und Bürgerwehrgruppen gelyncht. Es wurden mindestens 528 Fälle von Lynchjustiz gemeldet.
Zwischen Januar und Dezember 2024 verzeichneten die Vereinten Nationen mehr als 5.600 Tote und mehr als 2.200 Verletzte als direkte Folge von Bandengewalt. Damit beläuft sich die Gesamtzahl der Toten und Verletzten zwischen 2022 and 2024 auf mehr als 17.000 Menschen. Im Jahr 2024 hat das OHCHR außerdem 315 Lynchmorde an Bandenmitgliedern und Personen, die angeblich mit Banden in Verbindung stehen, dokumentiert.
Die Zahl der Menschen, die gewaltsam vertrieben wurden, steigt weiter an. Nach Stand vom Juni 2025 sind fast 1,3 Millionen Menschen in Haiti Binnenvertriebene. Im Dezember 2024 waren mehr als 1 Million Menschen in Haiti Binnenvertriebene. Im Oktober lag diese Zahl noch bei über 700.000. Bis März desselben Jahres war diese Zahl auf über 362.000 angestiegen, von denen die meisten aufgrund von Bandengewalt vertrieben worden waren.
Haiti ist derzeit das Land mit den weltweit meisten Vertriebenen aufgrund von krimineller Gewalt. Nach Angaben der IOM ist der Anstieg der Vertreibungen hauptsächlich auf die Verschlechterung der Sicherheitslage im Großraum Port-au-Prince und anderen Teilen des Landes zurückzuführen.
Anhaltende bewaffnete Angriffe und Zusammenstöße zwischen bewaffneten Gruppen und der Polizei in einigen Gemeinden in Port-au-Prince führen zu neuen Vertreibungen und zwingen bereits Vertriebene zur erneuten Flucht. Zusätzlich zu den Vertreibungen in und um die Hauptstadt haben die zunehmende Gewalt und die faktische Belagerung durch bewaffnete Gruppen immer mehr Menschen zur Flucht in benachbarte Provinzen gezwungen.
Die meisten Vertriebenen stammen aus dem Großraum Port-au-Prince. Viele suchen Zuflucht in den Provinzen Haitis, wo sie die Aufnahmegemeinden überfordern und die begrenzten Ressourcen strapazieren. Im Departement Artibonite hat sich die Zahl der Vertriebenen auf über 92.000 verdreifacht, was die Ausbreitung der Gewalt über die Hauptstadt Haitis hinaus deutlich macht. Im Departement Centre hat sich die Zahl der Vertriebenen innerhalb weniger Monate mehr als verdoppelt, von etwa 68.000 im Dezember 2024 auf über 147.000 im Juni 2025.
Nach Angaben der IOM ist die Zahl der Standorte für Binnenvertriebene seit Dezember 2024 von 142 auf 246 gestiegen. Binnenvertriebenenlager sind stark überbelegt und haben keinen ausreichenden Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen wie Nahrungsmitteln, sauberem Wasser, sanitären Einrichtungen und Bildung. Berichte aus diesen Lagern zeigen, dass sich die Bedingungen verschlechtern und Familien in provisorischen Unterkünften ums Überleben kämpfen, während sie zunehmenden Gesundheits- und Sicherheitsrisiken ausgesetzt sind.
Die Vereinten Nationen warnen, dass der Zugang für humanitäre Hilfsorganisationen durch die unsichere Lage und die anhaltende Treibstoffkrise ernsthaft gefährdet ist. Die Zunahme der Bandengewalt hatte die Regierung Haitis veranlasst, die internationale Gemeinschaft um Hilfe zu bitten. Um der Gewalt durch Banden Einhalt zu gebieten, ersuchte die Regierung von Premierminister Henry um die Entsendung einer schnellen Eingreiftruppe nach Haiti.
Die Forderung wurde vom Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, unterstützt. Auch der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hatte die internationale Gemeinschaft aufgefordert, dringend die Entsendung einer zeitlich befristeten Spezialeinheit zu erwägen.
Am 2. Oktober 2023 genehmigte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine internationale Truppe zur Unterstützung der haitianischen Polizei. Auf der Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta stimmten 13 der 15 Ratsmitglieder für die multinationale Sicherheitsunterstützungsmission, die nicht von den Vereinten Nationen gestellt wird, während sich China und Russland der Stimme enthielten. Ziel der Mission ist es, die haitianische Polizei bei der Eindämmung der zunehmenden Bandengewalt und der Wiederherstellung der Sicherheit in dem Karibikstaat zu unterstützen.
Mit der Resolution 2699 (2023) wurde die Sicherheitsunterstützungsmission zunächst für ein Jahr genehmigt, wobei eine Überprüfung nach neun Monaten vorgesehen ist. Kenia hat sich freiwillig bereit erklärt, die multinationale Sicherheitsunterstützungsmission zu leiten und hat rund tausend Polizisten zugesagt. Die karibischen Länder Bahamas, Jamaika sowie Antigua und Barbuda haben sich ebenfalls bereit erklärt, Personal zu stellen. Darüber hinaus haben weitere afrikanische Länder wie der Tschad, der Senegal und Burundi angekündigt, die multinationale Truppe zu verstärken.
Nach monatelangen Verzögerungen trafen im Juni 2024 vierhundert kenianische Sicherheitsbeamte in Haiti ein, als Teil eines internationalen Polizeikontingents, das entsandt wurde, um die grassierende Bandenkriminalität in dem karibischen Land einzudämmen. Während unklar ist, wann die volle Truppe, die voraussichtlich bis zu 2.500 Polizeibeamte umfassen wird, zum Einsatz kommen wird, gilt die Ankunft des ersten internationalen Polizeikontingents als erster von mehreren Meilensteinen im Prozess der Wiederherstellung von Sicherheit und Stabilität in Haiti.
Bis September 2024 war ein Vorauskontingent von etwa 430 Einsatzkräften der MSS nach Haiti entsandt worden, darunter 410 speziell ausgebildete Polizeibeamte, von denen 383 aus Kenia, 25 aus Jamaika und zwei aus Belize stammten. Kenia hatte angekündigt, im November weitere 600 Sicherheitskräfte nach Haiti zu entsenden, aber nur etwa 200 Verstärkungstruppen trafen im Januar 2025 ein. Im Januar 2025 wurde außerdem ein Kontingent von Polizeibeamten aus Guatemala und El Salvador nach Haiti entsandt, darunter Berichten zufolge 150 Guatemalteken und 150 Salvadorianer. Die Gesamtzahl der entsandten Polizeikräfte überstieg damit 900.
Im Juli 2025 ist die MSS-Mission jedoch aufgrund von Finanzierungs- und Personalknappheit zu weniger als 30 Prozent einsatzfähig, wobei nur 991 Kräfte entsandt wurden, weit weniger als die erwarteten 2.500.
Am 1. Oktober 2024 hatte der UN-Sicherheitsrat einer einjährigen Verlängerung der Multinationalen Sicherheitsunterstützungsmission zugestimmt, um der bedrängten nationalen Polizei Haitis bei der Bekämpfung von Banden in dem von Gewalt geplagten Karibikstaat zu helfen. Resolution 2751 (2024) verlängerte die Mission bis zum 2. Oktober 2025.
Am 30. September 2025 vollzog der Sicherheitsrat einen wichtigen Schritt zur Bewältigung der eskalierenden Krise in Haiti, indem er eine Resolution zur Umwandlung der MSS-Mission in eine multinationale Truppe zur Bekämpfung der Banden (Gang Suppression Force, GSF) verabschiedete. Mit 12 Ja-Stimmen und 3 Enthaltungen seitens China, Pakistan und Russland ermächtigte das Gremium die UN-Mitgliedstaaten, die GSF in enger Zusammenarbeit mit der haitianischen Regierung für einen Zeitraum von zunächst 12 Monaten einzurichten.
Die neue Mission zielt darauf ab, Banden, die weiterhin die Zivilbevölkerung und die Menschenrechte bedrohen sowie die haitianischen Institutionen untergraben, „zu neutralisieren, zu isolieren und abzuschrecken”. Die Resolution 2793 (2025) gewährt den teilnehmenden Staaten die Freiheit, entweder unabhängig oder gemeinsam mit der haitianischen Nationalpolizei (HNP) und den haitianischen Streitkräften gezielte, auf Geheimdienstinformationen basierende Operationen durchzuführen – eine wesentliche Neuerung. Die GSF wird aus bis zu 5.550 Mitarbeitern bestehen, darunter 5.500 uniformierte Militär- und Polizeikräfte sowie 50 Zivilisten.
Der Sicherheitsrat forderte außerdem UN-Generalsekretär António Guterres auf, ein UN-Unterstützungsbüro in Haiti (UNSOH) einzurichten, um in erster Linie die neue Truppe, das Integrierte Büro der Vereinten Nationen in Haiti (BINUH), die HNP und die haitianischen Streitkräfte zu unterstützen. Obwohl die MSS es der haitianischen Polizei ermöglichte, wieder Zugang zu bestimmten Gebieten und Infrastrukturen zu erhalten, gelang es ihr nicht, die Lage nachhaltig zu stabilisieren.
Im Hinblick auf die Krise der politischen Institutionen des Landes gab es im vergangenen Jahr einige ermutigende Entwicklungen.
Am 11. März 2024 kündigte der nicht gewählte Premierminister Henry seinen Rücktritt an. Nach seinem Rücktritt sollte ein Übergangsrat die Macht übernehmen. Der Vorschlag für einen Übergangsrat, der das von Gewalt geplagte Haiti regieren sollte, kam bei einem Treffen der Karibischen Gemeinschaft (CARICOM) auf. Der Rat sollte einen Interimspremierminister auswählen und die nächsten Präsidentschaftswahlen vorbereiten sowie einen inklusiven Ministerrat ernennen. Die Interimsregierung wird bis zur Abhaltung von Neuwahlen im Amt bleiben.
Am 12. April 2024 wurde ein offizielles Dekret zur Einsetzung des präsidialen Übergangsrats (TPC) veröffentlicht. Am 25. April wurde der Übergangsrat eingesetzt und der ehemalige Finanzminister Michel Patrick Boisvert zum Interimspremierminister ernannt. Ariel Henry trat als Premierminister zurück. Am 28. Mai 2024 wurde Garry Conille zum neuen Premierminister des Karibikstaates ernannt. Am 11. Juni 2024 setzte der Übergangsrat Haitis ein neues Kabinett ein.
Am 12. November 2024 wurde Alix Didier Fils-Aimé als neuer Premierminister vereidigt und löste damit den scheidenden Premierminister Conille ab, der in einen Machtkampf mit dem Übergangspräsidialrat des Landes geraten war. Der Rat entließ Conille im Zuge politischer Machtkämpfe und Korruptionsvorwürfen gegen mehrere TPC-Mitglieder.
Nach Einschätzung der Vereinten Nationen benötigt Haiti eine Kombination aus einer verstärkten nationalen Polizei, der raschen Entsendung der multinationalen Unterstützungstruppe und glaubwürdigen Wahlen, um das Land wieder auf den Weg der Sicherheit und Stabilität zu bringen. Das Aufflammen der Gewalt im Land hat die ohnehin schon verheerenden Lebensbedingungen für Millionen von Menschen, vor allem in der Hauptstadt Port-au-Prince, weiter verschärft. UN-Vertreter warnen, dass die Krise landesweit eskaliert und die Gefahr eines totalen Staatszerfalls wächst.
Spenden
Ihre Spende für die Nothilfe in Haiti kann dazu beitragen, dass die Organisationen der Vereinten Nationen, internationale humanitäre Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und ihre Partner vor Ort den Menschen, die es am nötigsten brauchen, rasch Wasser, Nahrungsmittel, Medikamente, Unterkünfte und andere Hilfsgüter zur Verfügung stellen können.
- UN-Krisenhilfe: Haiti Humanitarian Fund
https://crisisrelief.un.org/t/haiti-humanitarian-fund - Welternährungsprogramm (WFP): Haiti Krise
https://de.wfp.org/krisen/haiti - UNICEF Deutschland: Spenden Haiti
https://www.unicef.de/informieren/projekte/suedamerika-mittelamerika-7082/haiti-19502 - medico international: Nothilfe Haiti
https://www.medico.de/nothilfe-haiti - Diakonie Katastrophenhilfe: Haiti
https://www.diakonie-katastrophenhilfe.de/projekte/haiti - Welthungerhilfe: Spenden Haiti
https://www.welthungerhilfe.de/spenden-haiti
Sie können auch eine nicht zweckgebundene Spende in Betracht ziehen an humanitäre Organisationen, welche in Haiti aktiv sind.
- UN-Krisenhilfe: Zentraler Nothilfefonds
https://crisisrelief.un.org/t/cerf - Ärzte ohne Grenzen: Haiti
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/unsere-arbeit/einsatzlaender/haiti
Weitere Organisationen, an die Sie spenden können, finden Sie unter: Humanitäre Krisenhilfe, Flucht und Vertreibung, Kinder in Not, Hunger und Ernährungsunsicherheit, Medizinische Nothilfe, Vulnerable Gruppen, Glaubensbasierte humanitäre Organisationen und Menschenrechtsorganisationen.
Weitere Informationen
- International Crisis Group: Haiti (in Englisch)
https://www.crisisgroup.org/latin-america-caribbean/haiti - European Civil Protection and Humanitarian Aid Operations: Haiti (in Englisch)
https://civil-protection-humanitarian-aid.ec.europa.eu/where/latin-america-and-caribbean/haiti_en - Human Rights Watch World Report 2023: Haiti (in Englisch)
https://www.hrw.org/world-report/2023/country-chapters/haiti - ACAPS: Haiti (in Englisch)
https://www.acaps.org/country/haiti/crisis/complex-crisis - United Nations Integrated Office in Haiti (BINUH) (in Englisch)
https://binuh.unmissions.org/en - Human Rights Watch World Report 2025: Haiti (in Englisch)
https://www.hrw.org/world-report/2025/country-chapters/haiti - Human Rights Watch World Report 2024: Haiti (in Englisch)
https://www.hrw.org/world-report/2024/country-chapters/haiti - Amnesty International: Report 2024/2025: Human rights in Haiti (in Englisch)
https://www.amnesty.org/en/location/americas/central-america-and-the-caribbean/haiti/report-haiti/
Zuletzt aktualisiert: 02/19/2025