Das Land
Somalia ist ein ostafrikanischer Staat, gelegen am äußersten Horn von Afrika. Seine Hauptstadt ist Mogadischu. Das Land grenzt an Dschibuti, Äthiopien und Kenia und liegt am Golf von Aden und am Indischen Ozean. Somalia erstreckt sich über eine Fläche von 637.657 Quadratkilometern. Im Jahr 2024 hatte das Land eine geschätzte Bevölkerung von rund 18,7 Millionen Menschen. Somalia gilt als einer der fragilsten und am wenigsten entwickelten Staaten der Welt.
Die humanitäre Lage
Die Menschen in Somalia sind mit einer der komplexesten humanitären Krisen der Welt konfrontiert. Auslöser der Krise sind Konflikte, Vertreibung, Ernährungsunsicherheit, politische Instabilität, Klimaschocks, Armut und wirtschaftlicher Niedergang. Im Jahr 2022 hatte eine verheerende Dürre im Land ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Fünf aufeinanderfolgende Regenzeiten waren zuvor ausgefallen, die längste und schwerste Dürre in der jüngeren Geschichte Somalias. Zwar ist der Bedarf an humanitärer Hilfe in Somalia nach wie vor hoch, doch hat der verbesserte Zugang zu Wasser und Weideland im Jahr 2023 die Auswirkungen der schweren und langwierigen historischen Dürre gemildert.
Die Dürreperiode 2020-2023 ging im zweiten Quartal des vergangenen Jahres zu Ende. Seitdem ist die Dürre von Regenfällen und Sturzfluten abgelöst worden. Im Jahr 2023 wurde Somalia von noch nie dagewesenen Starkregenfällen und Überschwemmungen heimgesucht, die zu neuen Vertreibungen führten. Vor Beginn der Deyr-Regenzeit wurden mehr als 475.000 Menschen durch diese Überschwemmungen aus ihren Dörfern vertrieben. Obwohl die Regenfälle eine gewisse Erleichterung gebracht haben, wird es noch Jahre dauern, bis die historische Dürre überwunden ist.
Sintflutartige Regenfälle in der Deyr-Regenzeit (Oktober bis Dezember 2023), die zum Teil auf das El-Niño-Phänomen zurückzuführen sind, führten zu Sturzfluten und massiven Überschwemmungen, von denen etwa 2,5 Millionen Menschen betroffen waren. Mehr als 1,2 Millionen Männer, Frauen und Kinder wurden aus ihren Häusern vertrieben. Die schweren Überschwemmungen, die durch die Deyr-Regenzeit verursacht wurden, waren die schlimmsten, die seit Jahrzehnten beobachtet wurden.
In den kommenden Monaten besteht in Somalia weiterhin ein erhöhtes Risiko von Überschwemmungen, Dürre und extremer Hitze, die durch El Niño ausgelöst werden. Es wird erwartet, dass sich das Wetterereignis fortsetzt, was wahrscheinlich zu überdurchschnittlichen Niederschlägen im März 2024 und Anfang April (Gu-Regenzeit) führen wird, mit dem Risiko neuer Sturzfluten und Flussüberschwemmungen, die zu weiteren Todesfällen, Vertreibungen und Krankheiten führen könnten.
Mit Stand vom Februar 2024 sind rund 4,5 Millionen Somalier Vertriebene. Während mehr als 700.000 Menschen in Nachbarländer geflohen sind, leben etwa 3,8 Millionen Menschen als Binnenvertriebene. Mehr als 80 Prozent der Vertriebenen sind Frauen und Kinder.
Im Jahr 2023 zwangen Konflikte, schwere Dürren und verheerende Überschwemmungen mehr als 2,9 Millionen Menschen in Somalia zur Flucht aus ihrer Heimat - eine Rekordzahl an Vertreibungen für das Land, wobei viele Familien mehr als einmal vertrieben wurden. Die überwiegende Mehrheit der Menschen, die aus ihren Häusern flohen - 2,3 Millionen oder 75 Prozent - wurde durch Klimaschocks vertrieben (1,7 Millionen durch Überschwemmungen und 531.000 durch die Dürre). 653.000 Menschen mussten im vergangenen Jahr aufgrund von Konflikten und Gewalt fliehen.
Im Jahr 2022 waren etwa 1,8 Millionen Menschen in Somalia gezwungen, ihre Heimatorte zu verlassen, davon 1,2 Millionen aufgrund schwerer Dürre und 600.000 Menschen aufgrund von Konflikten und Gewalt.
Überdies wird Somalia von Krankheiten heimgesucht. Ein Choleraausbruch breitet sich in mehreren Gebieten aus, 2023 wurden mehr als 18.000 Fälle gemeldet.
Die Vereinten Nationen erwarten, dass im Jahr 2024 rund 6,9 Millionen Menschen humanitäre Unterstützung benötigen werden, was einem deutlichen Rückgang von 16 Prozent im Vergleich zu 2023 entspricht. Im vorigen Jahr waren 8,25 Millionen Menschen, also fast die Hälfte der Bevölkerung, auf humanitäre Hilfe und Schutz angewiesen. Unter den Notleidenden befanden sich 4,9 Millionen Kinder.
Nach der jüngsten IPC-Analyse leiden etwa 4,3 Millionen Menschen - ein Viertel der somalischen Bevölkerung - immer noch an krisenhaftem oder schlimmerem Hunger, darunter mehr als 1 Million Menschen in der IPC-Phase 4 (Notfall) und 3,3 Millionen in der Phase 3 (Krise). Die akute Unterernährung bei Kindern ist nach wie vor hoch. Insgesamt 1,5 Millionen Kinder - 40 Prozent - unter fünf Jahren sind akut unterernährt; 330.000 dieser Kinder sind schwer unterernährt und laufen Gefahr, ohne sofortige Behandlung zu sterben.
Die Auswirkungen der Dürre und die weit verbreitete Unsicherheit trieben Somalia an den Rand einer Hungersnot. Die Dürre hat das Leben und die Lebensgrundlagen der am stärksten gefährdeten und ausgegrenzten Menschen zerstört. Dank erheblicher Anstrengungen bei der Aufstockung der humanitären Hilfe und günstigeren Regenfällen als vorhergesagt hat sich die Ernährungssicherheit verbessert.
Obwohl eine Hungersnot in Somalia abgewendet werden konnte, ist die zugrunde liegende Ernährungskrise nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) nach wie vor alarmierend. Schätzungsweise 43.000 zusätzliche Todesfälle könnten im Jahr 2022 in Somalia aufgrund der lange anhaltenden Dürre aufgetreten sein. Es wird befürchtet, dass die Hälfte dieser Todesfälle bei Kindern unter 5 Jahren zu verzeichnen ist.
Humanitäre Maßnahmen in Somalia sind nach wie vor stark unterfinanziert. Wenn die Mittel knapp sind, müssen die Hilfsorganisationen den am stärksten gefährdeten Menschen in den Gebieten mit dem größten Bedarf Vorrang einräumen.
Der Humanitäre Bedarfs- und Reaktionsplan (HNRP) 2024 für Somalia sieht 1,6 Milliarden US-Dollar vor, um 5,2 Millionen der 6,9 Millionen Menschen zu helfen, die in diesem Jahr lebensrettende humanitäre Hilfe und Schutz benötigen. Derweil die Zahl der Hilfsbedürftigen gesunken ist, ist auch der Anteil der Menschen, denen geholfen werden soll, von 92 Prozent im Jahr 2023 auf 75 Prozent im Jahr 2024 reduziert worden, da mit einer unzureichenden Finanzausstattung gerechnet wird.
Aufgrund fehlender Mittel und des Drucks der Geberländer werden die Hilfsorganisationen in diesem Jahr gezielter vorgehen und sich auf die Unterstützung von Frauen, Männern und Kindern in "extremer" und "katastrophaler" Not konzentrieren, was bedeutet, dass die dringlichen Bedürfnisse von Millionen anderer Menschen ungedeckt bleiben werden.
Der humanitäre Reaktionsplan für 2023 sah 2,6 Milliarden US-Dollar vor, um die kritischen Bedürfnisse von 7,6 Millionen Menschen im Jahr 2023 zu decken. Bis Januar 2024 hatten die Hilfsorganisationen jedoch nur 40 Prozent der für die Bereitstellung der dringend benötigten Hilfe erforderlichen Mittel erhalten.
Iim Jahr 2022 hatten die Vereinten Nationen dazu aufgerufen, 2,27 Milliarden US-Dollar für die Krise in Somalia bereitzustellen. Bis Dezember 2022 waren aber nur 1,29 Mrd. US-Dollar von den Gebern eingegangen (Deckungsgrad 57 Prozent) was einem Fehlbetrag von fast 1 Mrd. US-Dollar entspricht.
Die Sicherheitslage
Die Unsicherheit in Somalia hält an. Angriffe der Extremistengruppe Al-Shabab (AS) und Kämpfe in der Region Laascaanood (Las Anod) fordern einen hohen Tribut von der Zivilbevölkerung.
Somalia leidet seit 1991 unter weit verbreiteter Gewalt und der Vertreibung der Bevölkerung. Der derzeitige Konflikt - in erster Linie im Zusammenhang mit Angriffen der Al-Shabaab-Miliz (AS) und nachfolgenden Militäroperationen sowie Gewalt zwischen den Gemeinden - schränkt die Wirtschaftstätigkeit ein und trägt zur weiteren Vertreibung der Bevölkerung und Ernährungsunsicherheit bei.
Die Bildung einer neuen Regierung und die friedliche Übergabe der Macht an den Präsidenten im Mai 2022 haben dem Land eine begrenzte politische Stabilität gebracht. Nach Jahren des Staatsversagens und der Konflikte beschreiten die Somalier nun einen vielversprechenderen Weg in die Zukunft. Die Schaffung von Regionalstaaten, der Wiederaufbau von Institutionen und die positive Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft deuten auf eine bessere Zukunft für das Land hin.
Die Sicherheitslage in Somalia ist jedoch weiterhin äußerst instabil. Zusätzlich zu den anhaltenden politischen und konfessionsübergreifenden Spannungen wird die erneute Intensivierung der Militäroperationen gegen Al-Shabaab wahrscheinlich zu vermehrten Vertreibungen führen und den Zugang für humanitäre Hilfe erschweren. Angriffe auf Zivilisten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen stören die Lebensgrundlagen und behindern die humanitären Hilfsmaßnahmen, insbesondere in Gebieten, in denen es keine etablierten lokalen Behörden gibt und in denen die AS präsent ist.
Die UN-Organisationen im Land erklären, dass ihre Bemühungen, die Betroffenen zu erreichen, vor allem durch fehlende Mittel und mangelnden Zugang aufgrund des Konflikts in einigen Gebieten eingeschränkt werden. Die al-Shabaab kontrolliert zwar Teile des südlichen Somalias, doch die jüngste Eskalation der Militäroffensive gegen die AS Miliz hat erhebliche humanitäre Auswirkungen, unter anderem eine Zunahme von Vertreibungen und Vergeltungsschlägen.
In den Jahren 2022 und 2023 hat Somalia bedeutende Siege gegen Al-Shabaab errungen, doch die militante Gruppe hat auch ihre Gegenangriffe verstärkt. Bis zum Dezember 2023 wurden aufgrund der gewaltsamen Konflikte im vergangenen Jahr mehr als 650.000 Zivilisten vertrieben.
Die Kämpfe in der somalischen Region Sool in der abtrünnigen Republik Somaliland sind im letzten Jahr eskaliert. Hunderte wurden getötet und mindestens 300.000 Somalier waren gezwungen, aufgrund der anhaltenden Gewalt aus ihrer Heimat zu fliehen. Mehr als 100.000 Somalier, vor allem Frauen und Kinder, sind nach Äthiopien geflohen, um den gewalttätigen Auseinandersetzungen und der Unsicherheit in der Region um die Stadt Laascaanood zu entkommen. Seit Beginn der Kämpfe Anfang Februar 2023 wurden etwas 200.000 Menschen aus Laascaanood und den umliegenden Gebieten innerhalb Somalias vertrieben.
Spenden
Ihre Spende für die Nothilfe in Somalia kann den Organisationen der Vereinten Nationen, internationalen humanitären Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und ihren Partnern vor Ort helfen, den Menschen, die es am nötigsten brauchen, rasch Wasser, Nahrungsmittel, Medikamente, Unterkünfte und andere Hilfsgüter zur Verfügung zu stellen.
- UN-Krisenhilfe: Somalia-Krise
https://crisisrelief.un.org/somalia-crisis - Welternährungsprogramm: Nothilfe in Somalia
https://www.wfp.org/emergencies/somalia-emergency - UNICEF Deutschland: Dürre in Somalia
https://www.unicef.de/informieren/projekte/afrika-2244/somalia-19334/hunger-in-somalia/13076
Derzeit rufen viele NGOs und UN-Organisationen gezielt für die Hungerkrise am Horn von Afrika oder die weltweite Hungerkrise zum Spenden auf. Sie können auch eine nicht zweckgebundene Spende oder eine Spende mit einem breiteren Verwendungszweck in Betracht ziehen an humanitäre Organisationen, welche in Somalia aktiv sind.
- CARE Deutschland: Somalia
https://www.care.de/schwerpunkte/einsatzorte/afrika/somalia/ - Ärzte ohne Grenzen: Somalia
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/unsere-arbeit/einsatzlaender/somalia - Save the Children Deutschland: Hungersnot am Horn von Afrika
https://www.savethechildren.de/news/hungersnot-am-horn-von-afrika/ - Oxfam Deutschland: Nothilfe Ost Afrika
https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/laender/ostafrika - Caritas International Deutschland: Hungersnot Ostafrika
https://www.caritas-international.de/informieren/themen/hunger-die-groesste-katastrophe-ist-das-vergessen/hunger-ostafrika
Weitere Organisationen, an die Sie spenden können, finden Sie unter: Humanitäre Krisenhilfe, Flucht und Vertreibung, Kinder in Not, Hunger und Ernährungsunsicherheit, Medizinische Nothilfe, Vulnerable Gruppen, Glaubensbasierte humanitäre Organisationen und Menschenrechtsorganisationen.
Weitere Informationen
- UNO-Flüchtlingshilfe: Somalia
https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/somalia - UN OCHA: Somalia (in Englisch)
https://www.unocha.org/somalia - ACAPS: Somalia Complex crisis (in Englisch)
https://www.acaps.org/country/somalia/crisis/complex-crisis - USA for UNHCR: Somalia Refugee Crisis Explained (in Englisch)
https://www.unrefugees.org/news/somalia-refugee-crisis-explained/ - International Crisis Group: Somalia (in Englisch)
https://www.crisisgroup.org/africa/horn-africa/somalia - Human Rights Watch: World Report 2024: Somalia (in Englisch)
https://www.hrw.org/world-report/2024/country-chapters/somalia - Amnesty International: Report 2022/2023: Menschenrechte in Somalia (in Englisch)
https://www.amnesty.org/en/location/africa/east-africa-the-horn-and-great-lakes/somalia/report-somalia/
Zuletzt aktualisiert: 01/02/2024