
Das Land
Somalia ist ein ostafrikanischer Staat, gelegen am äußersten Horn von Afrika. Seine Hauptstadt ist Mogadischu. Das Land grenzt an Dschibuti, Äthiopien und Kenia und liegt am Golf von Aden und am Indischen Ozean. Somalia erstreckt sich über eine Fläche von 637.657 Quadratkilometern. Im Jahr 2022 hatte das Land eine geschätzte Bevölkerung von rund 17,6 Millionen Menschen. Somalia gilt als einer der fragilsten und am wenigsten entwickelten Staaten der Welt.
Die humanitäre Lage
Die Menschen in Somalia sind mit einer der komplexesten humanitären Krisen der Welt konfrontiert. Auslöser der Krise sind Konflikte, Ernährungsunsicherheit, politische Instabilität, Klimaschocks und wirtschaftlicher Niedergang. Im Jahr 2022 hatte eine verheerende Dürre im Land ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Fünf aufeinanderfolgende Regenzeiten waren zuvor ausgefallen, die längste und schwerste Dürre in der jüngeren Geschichte Somalias. Zwar ist der Bedarf an humanitärer Hilfe in Somalia nach wie vor hoch, doch hat der verbesserte Zugang zu Wasser und Weideland im Jahr 2023 die Auswirkungen der schweren und langwierigen historischen Dürre gemildert.
In den letzten Monaten ist die Dürre Regenfällen und Sturzfluten gewichen. Mehr als 400.000 Menschen wurden im Lauf des Jahres durch diese Überschwemmungen bereits aus ihren Dörfern vertrieben. Obwohl die Regenfälle eine gewisse Linderung gebracht haben, wird es Jahre dauern, bis die historische Dürre überwunden ist.
Sintflutartige Regenfälle in der Deyr-Regenperiode (Oktober bis Dezember), die zum Teil auf das vorhergesagte El-Niño-Phänomen zurückzuführen sind, haben gewaltige Überschwemmungen ausgelöst, von denen fast 1,7 Millionen Menschen betroffen sind. 649.000 Männer, Frauen und Kinder wurden aus ihren Häusern vertrieben. Weitere Überschwemmungen werden erwartet, die zusätzlichen Vertreibungen, Todesfällen und Krankheiten führen könnten.
Etwa 3,8 Millionen Somalier sind Binnenvertriebene im eigenen Land; und rund 700.000 Menschen sind in Nachbarländer geflohen. In den ersten neun Monaten des Jahres 2023 haben Konflikte, schwere Dürre und verheerende Überschwemmungen mehr als 1,4 Million Menschen in Somalia zur Flucht gezwungen - eine Rekordzahl an Neu-Vertriebenen für das Land. Im Jahr 2022 waren etwa 1,8 Millionen Menschen in Somalia gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, davon 1,2 Millionen aufgrund schwerer Dürre und 600.000 Menschen aufgrund von Konflikten und Gewalt.
In diesem Jahr sind Schätzungen zufolge 8,25 Millionen Menschen, fast die Hälfte der Bevölkerung, dringend auf humanitäre Hilfe und Schutz angewiesen.
Die Auswirkungen der Dürre und die weit verbreitete Unsicherheit brachten Somalia an den Rand einer Hungersnot. Die Dürre hat das Leben und die Lebensgrundlagen der am stärksten gefährdeten und ausgegrenzten Menschen zerstört. Die akute Unterernährung bei Kindern ist nach wie vor sehr hoch. Insgesamt 1,5 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind akut unterernährt; 330.000 dieser Kinder sind schwer unterernährt und laufen Gefahr, ohne sofortige Behandlung zu sterben.
Nach der jüngsten IPC-Analyse leiden etwa 3,7 Millionen Menschen - 22 Prozent der somalischen Bevölkerung - immer noch an krisenhaftem oder schlimmerem Hunger. Die Zahl der Menschen, deren Ernährung nicht gesichert ist, wird wahrscheinlich auf 4,3 Millionen ansteigen, darunter mehr als 1 Million in IPC-Phase 4 (Notfall) und 3,3 Millionen in Phase 3 (Krise).
Erhebliche Anstrengungen bei der Ausweitung der humanitären Hilfe und etwas günstigere Regenfälle als vorhergesagt haben zu einer moderaten Verbesserung der Ernährungssicherheit geführt. Obwohl eine Hungersnot in Somalia abgewendet werden konnte, ist die zugrunde liegende Ernährungskrise nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) nach wie vor äußerst alarmierend. Schätzungsweise 43.000 zusätzliche Todesfälle könnten im Jahr 2022 in Somalia aufgrund der lange anhaltenden Dürre aufgetreten sein. Es wird befürchtet, dass die Hälfte dieser Todesfälle bei Kindern unter 5 Jahren zu verzeichnen ist.
Ohne nachhaltige humanitäre Hilfe wird die Zahl der Menschen, die von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind, wahrscheinlich weiter steigen. Dennoch musste das Welternährungsprogramm (WFP) Ende April die Zahl der Menschen, die es monatlich unterstützt, von 4,7 Millionen auf 3 Millionen reduzieren und wird möglicherweise weitere Einschnitte vornehmen müssen, da der UN-Organisation die notwendigen Mittel fehlen.
Nach Einschätzung humanitärer Organisationen kann massive internationale Unterstützung den Tod von Zehntausenden von Menschen verhindern. Die Vereinten Nationen hatten dazu aufgerufen, im Jahr 2022 2,27 Milliarden US-Dollar für die Krise in Somalia bereitzustellen. Bis Dezember 2022 waren aber nur 1,29 Mrd. US-Dollar von den Gebern eingegangen (Deckungsgrad 57 %), was einem Fehlbetrag von fast 1 Mrd. US-Dollar entspricht.
Der humanitäre Reaktionsplan für 2023 sieht 2,6 Mrd. US-Dollar vor, um den dringenden Bedarf der Menschen in Somalia zu decken. Bis November 2023 haben Hilfsorganisationen jedoch erst 40 Prozent der Mittel erhalten, die für die Bereitstellung der dringend benötigten Hilfe in diesem Jahr erforderlich sind.
Die Sicherheitslage
Die Unsicherheit in Somalia hält an. Angriffe der Extremistengruppe Al-Shabab (AS) und Kämpfe in der Region Laascaanood (Las Anod) fordern einen hohen Tribut von der Zivilbevölkerung.
Somalia leidet seit 1991 unter weit verbreiteter Gewalt und der Vertreibung der Bevölkerung. Der derzeitige Konflikt - in erster Linie im Zusammenhang mit Angriffen der Al-Shabaab-Miliz (AS) und nachfolgenden Militäroperationen sowie Gewalt zwischen den Gemeinden - schränkt die Wirtschaftstätigkeit ein und trägt zur weiteren Vertreibung der Bevölkerung und Ernährungsunsicherheit bei.
Die Bildung einer neuen Regierung und die friedliche Übergabe der Macht an den Präsidenten im Mai 2022 haben dem Land eine begrenzte politische Stabilität gebracht. Nach Jahren des Staatsversagens und der Konflikte beschreiten die Somalier nun einen vielversprechenderen Weg in die Zukunft. Die Schaffung von Regionalstaaten, der Wiederaufbau von Institutionen und die positive Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft deuten auf eine bessere Zukunft für das Land hin.
Die Sicherheitslage in Somalia ist jedoch weiterhin äußerst instabil. Zusätzlich zu den anhaltenden politischen und konfessionsübergreifenden Spannungen wird die erneute Intensivierung der Militäroperationen gegen Al-Shabaab wahrscheinlich zu vermehrten Vertreibungen führen und den Zugang für humanitäre Hilfe erschweren. Angriffe auf Zivilisten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen stören die Lebensgrundlagen und behindern die humanitären Hilfsmaßnahmen, insbesondere in Gebieten, in denen es keine etablierten lokalen Behörden gibt und in denen die AS präsent ist.
Die UN-Organisationen im Land erklären, dass ihre Bemühungen, die Betroffenen zu erreichen, vor allem durch fehlende Mittel und mangelnden Zugang aufgrund des Konflikts in einigen Gebieten eingeschränkt werden. Die al-Shabaab kontrolliert zwar Teile des südlichen Somalias, doch die jüngste Eskalation der Militäroffensive gegen die AS Miliz hat erhebliche humanitäre Auswirkungen, unter anderem eine Zunahme von Vertreibungen und Vergeltungsschlägen.
In den Jahren 2022 und 2023 hat Somalia bedeutende Siege gegen Al-Shabaab errungen, doch die militante Gruppe hat auch ihre Gegenangriffe verstärkt. Nach Angaben des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten werden im Jahr 2023 voraussichtlich bis zu 450.000 zusätzliche Zivilisten aufgrund des Konflikts vertrieben werden.
Die Kämpfe in der somalischen Region Sool in der abtrünnigen Republik Somaliland sind in diesem Jahr eskaliert. Hunderte wurden getötet und mindestens 300.000 Somalier waren bisher gezwungen, aufgrund der anhaltenden Gewalt aus ihrer Heimat zu fliehen. Mehr als 100.000 Somalier, vor allem Frauen und Kinder, sind nach Äthiopien geflohen, um den gewalttätigen Auseinandersetzungen und der Unsicherheit in der Region um die Stadt Laascaanood zu entkommen. Seit Beginn der Kämpfe Anfang Februar 2023 wurden etwas 200.000 Menschen aus Laascaanood und den umliegenden Gebieten innerhalb Somalias vertrieben.
Spenden
Ihre Spende für die Nothilfe in Somalia kann den Organisationen der Vereinten Nationen, internationalen humanitären Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und ihren Partnern vor Ort helfen, den Menschen, die es am nötigsten brauchen, rasch Wasser, Nahrungsmittel, Medikamente, Unterkünfte und andere Hilfsgüter zur Verfügung zu stellen.
- UN-Krisenhilfe: Somalia-Krise
https://crisisrelief.un.org/somalia-crisis - Welternährungsprogramm: Nothilfe in Somalia
https://www.wfp.org/emergencies/somalia-emergency - UNICEF Deutschland: Dürre in Somalia
https://www.unicef.de/informieren/projekte/afrika-2244/somalia-19334/hunger-in-somalia/13076
Derzeit rufen viele NGOs und UN-Organisationen gezielt für die Hungerkrise am Horn von Afrika oder die weltweite Hungerkrise zum Spenden auf. Sie können auch eine nicht zweckgebundene Spende oder eine Spende mit einem breiteren Verwendungszweck in Betracht ziehen an humanitäre Organisationen, welche in Somalia aktiv sind.
- CARE Deutschland: Somalia
https://www.care.de/schwerpunkte/einsatzorte/afrika/somalia/ - Ärzte ohne Grenzen: Somalia
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/unsere-arbeit/einsatzlaender/somalia - Save the Children Deutschland: Hungersnot am Horn von Afrika
https://www.savethechildren.de/news/hungersnot-am-horn-von-afrika/ - Oxfam Deutschland: Nothilfe Ost Afrika
https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/laender/ostafrika - Caritas International Deutschland: Hungersnot Ostafrika
https://www.caritas-international.de/informieren/themen/hunger-die-groesste-katastrophe-ist-das-vergessen/hunger-ostafrika
Weitere Organisationen, an die Sie spenden können, finden Sie unter: Humanitäre Krisenhilfe, Flucht und Vertreibung, Kinder in Not, Hunger und Ernährungsunsicherheit, Medizinische Nothilfe, Vulnerable Gruppen, Glaubensbasierte humanitäre Organisationen und Menschenrechtsorganisationen.
Weitere Informationen
- UNO-Flüchtlingshilfe: Somalia
https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/somalia - UN OCHA: Somalia (in Englisch)
https://www.unocha.org/somalia - ACAPS: Somalia Complex crisis (in Englisch)
https://www.acaps.org/country/somalia/crisis/complex-crisis - USA for UNHCR: Somalia Refugee Crisis Explained (in Englisch)
https://www.unrefugees.org/news/somalia-refugee-crisis-explained/ - International Crisis Group: Somalia (in Englisch)
https://www.crisisgroup.org/africa/horn-africa/somalia - Human Rights Watch: World Report 2023: Somalia (in Englisch)
https://www.hrw.org/world-report/2023/country-chapters/somalia - Amnesty International: Report 2022/2023: Menschenrechte in Somalia (in Englisch)
https://www.amnesty.org/en/location/africa/east-africa-the-horn-and-great-lakes/somalia/report-somalia/