Die Region
Geografisch gesehen erstreckt sich die Sahelzone Afrikas von Osten nach Westen über den Kontinent - ein halbtrockener Gürtel, der zwischen der Wüste Sahara im Norden und den Savannen im Süden liegt. Das Wort Sahel stammt aus dem Arabischen und bedeutet "Küste" oder "Wüstenufer". Geopolitisch gesehen ist die Sahelzone eine riesige Region in Afrika, die die Länder Burkina Faso, Tschad, Mali, Niger, Nordkamerun (Region Ferner Norden) und den Norden Nigerias einschließt. Die Länder der Sahelzone gehören zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Niger, Tschad, Burkina Faso und Mali rangieren am unteren Ende des Human Development Index (HDI).
Die humanitäre Lage
Die Sahelzone ist eine der am schnellsten voranschreitenden humanitären Krisen der Welt. Gleichzeitig ist sie aber auch eine der am häufigsten vergessenen. Bewaffnete Konflikte, die Verschlechterung der Sicherheitslage, politische Instabilität und weit verbreitete Armut sind die Hauptursachen für den beispiellosen Bedarf an humanitärer Hilfe, insbesondere in der zentralen Sahelzone, zu der die Länder Burkina Faso, Mali und Niger gehören. Die Auswirkungen der Klimakrise und der weltweiten Nahrungsmittelknappheit verschärfen die humanitäre Notlage zusätzlich. Rasche Klimaveränderungen führen dazu, dass Naturkatastrophen immer häufiger und heftiger auftreten.
Die jüngste Vertreibungswelle in der Region hat die Gesamtzahl der zur Flucht gezwungenen Menschen auf über 10 Millionen anwachsen lassen. Zu Jahresbeginn 2023 waren mehr als 8,5 Millionen Menschen innerhalb ihres eigenen Landes in der Sahelzone vertrieben, die meisten davon in Burkina Faso (1,9 Millionen Binnenvertriebene), Nigeria (3,6 Millionen Binnenvertriebene) und Kamerun (1 Million Binnenvertriebene). Mindestens 1,5 Millionen Menschen haben in den Nachbarländern Zuflucht gesucht. Der Norwegian Refugee Council (NRC) hat die Situationen in Burkina Faso, Kamerun, Tschad, Mali und Nigeria als einige der am meisten vernachlässigten Vertreibungskrisen weltweit benannt.
Im Jahr 2023 steht die Sahelzone vor großen humanitären Herausforderungen, denn mehr als 37,8 Millionen Menschen benötigen dringend lebensrettende humanitäre Hilfe und Schutz. Während in den Ländern des Tschadseebeckens (Nigeria, Niger, Tschad und Kamerun) insgesamt 24,1 Millionen Menschen humanitäre Unterstützung benötigen, sind in den zentralen Sahelländern Burkina Faso und Mali in diesem Jahr 13,7 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die sechs Länder im Einzelnen: Mali (9 Millionen), Nigeria (8,3 Millionen), Tschad (6,9 Millionen), Kamerun (4,7 Millionen), Burkina Faso (4,7 Millionen), Niger (4,2 Millionen).
Eine beispiellose Ernährungskrise ist im Gange, ausgelöst durch Konflikte, steigende Lebensmittelpreise auf den globalen Märkten und einem Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion aufgrund von Klimawandel und Gewalt. Zwischen März und Mai 2022 werden 32,5 Millionen Menschen in der Sahelzone und in Westafrika von akuter Ernährungsunsicherheit (Krisenstufe oder schwerer) betroffen, darunter mehr als 17 Millionen in Nigeria, fast 3 Millionen in Kamerun, beinage 2,2 Millionen in Burkina Faso und über 2,4 Millionen in Niger.
Die jüngste Analyse des Cadre Harmonisé (CH) zeigt außerdem, dass mehr als 1,3 Millionen Menschen von einer Notsituation der Ernährungsunsicherheit oder schlimmer betroffen waren. Die Zahl der Menschen, die keinen regelmäßigen Zugang zu sicheren und nahrhaften Lebensmitteln haben, wird in der Sahelzone und in Westafrika in der mageren Jahreszeit von Juni bis August 2023 voraussichtlich auf 45 Millionen ansteigen.
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) warnt davor, dass die Kinder in der Region in verheerender Zahl sterben könnten, wenn nicht dringend Hilfe geleistet wird, da schwere Unterernährung und die Gefahr von durch Wasser übertragenen Krankheiten aufeinanderprallen. In Burkina Faso, Tschad, Mali, Niger und Nigeria führen Dürre und Konflikte zu unsicherer Wasserversorgung, und 40 Millionen Kinder sind stark bis extrem stark von den Folgen der Wasserunsicherheit bedroht. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben in der Sahelzone bereits mehr Kinder an den Folgen unsicherer Wasser- und Sanitärversorgung als in jedem anderen Teil der Welt.
Ohne ausreichende Mittel für die humanitäre Hilfe droht die Krise in der Sahelzone zu eskalieren und weitere Millionen von Kindern, Frauen und Männern in Gefahr zu bringen. Wie immer sind es Frauen und Kinder, die die Hauptlast dieser Krise tragen. Nach Angaben der Hilfsorganisation CARE International gehören die Situationen in Kamerun, Mali, Niger und Tschad gleichsam zu den vergessenen Krisen der Welt, die im vergangenen Jahr die geringste mediale Aufmerksamkeit erhielten.
Die zerstörerischen Überschwemmungen des Jahres 2022 in der Sahelzone und angrenzenden Gebieten haben zu einem gestiegenen Hilfsbedarf für Millionen von Menschen geführt. In Nigeria, Tschad, Niger, Burkina Faso, Mali und Kamerun haben überdurchschnittlich starke Regenfälle und Überflutungen Hunderte von Menschen getötet, Tausende vertrieben und Millionen von Menschen heimgesucht.
Die Sicherheitslage
In den letzten zehn Jahren kam es in der Sahelzone mit dem raschen Aufkommen extremistischer Gruppen wie Al-Qaida, dem Islamischen Staat und Boko Haram zu immer heftigeren bewaffneten Konflikten. Hierdurch wurde die Gewalt zwischen den Gemeinschaften angeheizt, die Tausende von Menschenleben forderte.
Intensive und wahllose Gewalt hat Millionen von Menschen in der Region zur Flucht gezwungen, sowohl innerhalb der Länder als auch über die Grenzen hinweg. Sicherheitsvorfälle, Angriffe und Entführungen sind für Millionen von Zivilisten und humanitären Helfern vor Ort tägliche Realität. Angriffe auf die Zivilbevölkerung und die Infrastruktur sowie Konflikte zwischen staatlichen und nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen haben in Burkina Faso, Tschad, Mali, Niger und Nigeria zu massiven Vertreibungen der Bevölkerung geführt.
Durch die Eskalation der militanten islamistischen Gewalt in Burkina Faso - insbesondere der Gewalt gegen die Zivilbevölkerung - wurden 2021 682.000 und 2022 438.000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben. Für 2023 wird eine Zunahme von Gewalttaten im Zusammenhang mit militanten islamistischen Gruppen, vornehmlich der Macina-Befreiungsfront und dem Islamischen Staat in der Großsahara, gerechnet.
Im ganzen Land leben 800.000 Menschen in Gebieten, die von bewaffneten Gruppen blockiert werden und wo sie nicht einmal Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen haben. Die Lage wird immer bedrohlicher, und manche Menschen sind gezwungen, Blätter zu essen, um zu überleben.
Die Sicherheitslage in Burkina Faso hat sich nach zwei Staatsstreichen durch das Militär im Januar und September 2022 verschlechtert. Diese Muster wiederholen sich in Burkina Fasos Nachbarländern Mali und Niger. In Mali kam es im Mai 2021 erneut zu einer militärischen Machtübernahme. In Niger putschte die Präsidentengarde im Juli 2023 und ernannte einen General zum Machthaber.
Die Gewalt organisierter bewaffneter Gruppen in der Region Liptako Gourma - auch als Dreiländereck bezeichnet, das die aneinandergrenzenden Gebiete im Norden Burkina Fasos, im Süden und Zentrum Malis und im Südwesten Nigers umfasst - gefährdet die Zivilbevölkerung, verhindert den Zugang der betroffenen Bevölkerung zu lebenswichtigen Versorgungsdiensten, schränkt den Zugang für humanitäre Hilfe ein und verschlechtert die Ernährungssicherheit.
Die Sicherheitslage in Teilen des Tschadseebeckens - einem Gebiet, das Teile von Kamerun, Tschad, Niger und Nigeria umfasst - ist schlecht, da organisierte bewaffnete Gruppen weiterhin Zivilisten angreifen, hauptsächlich im Nordosten Nigerias und in Kameruns äußerster Nordregion. Aber auch im Nordwesten Nigerias wird von zunehmende Bandengewalt berichtet, während sich dort die Ernährungssituation verschlechtert.
Der anhaltende Konflikt im Tschadseebecken sowie klimatische Schocks und extreme Armut verschärfen die Vertreibungskrise in der Sahelzone weiter. Im Krisengebiet des Tschadsees sind allein 11 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen, und 3,3 Millionen Menschen befinden sich derzeit auf der Flucht.
Spenden
Ihre Spende für die Nothilfe in der Sahelzone kann den Organisationen der Vereinten Nationen, internationalen humanitären Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und ihren Partnern vor Ort helfen, den Menschen, die es am nötigsten brauchen, rasch Wasser, Nahrungsmittel, Medikamente, Unterkünfte und andere Hilfsgüter zur Verfügung zu stellen.
- UN-Krisenhilfe: Sahel-Krise
https://crisisrelief.un.org/sahel-crisis - UN-Krisenhilfe: Nigeria Krise
https://crisisrelief.un.org/nigeria-crisis - Welternährungsprogramm: Krise im Sahel
https://de.wfp.org/krisen/sahel
Derzeit gibt es nur wenige aktive Spendenaufrufe für die Sahel-Krise. Sie können auch eine nicht zweckgebundene Spende in Erwägung ziehen.
- Ärzte ohne Grenzen: Spenden
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/online-spenden - Aktion gegen den Hunger: Spenden
https://www.aktiongegendenhunger.de/spenden - Oxfam Deutschland: Spenden
https://www.oxfam.de/donation-form - Plan International Deutschland: Spenden für Nothilfe
https://www.plan.de/spenden/spenden-fuer-nothilfe.html - UNO-Flüchtlingshilfe: Spenden
https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/unterstuetzen/spenden/jetzt-spenden
Weitere Organisationen, an die Sie spenden können, finden Sie unter: Humanitäre Krisenhilfe, Flucht und Vertreibung, Kinder in Not, Hunger und Ernährungsunsicherheit, Medizinische Nothilfe, Vulnerable Gruppen, Glaubensbasierte humanitäre Organisationen und Menschenrechtsorganisationen.
Weitere Informationen
- Internationales Komitee vom Roten Kreuz: Sahel
https://www.icrc.org/de/wo-wir-arbeiten/afrika/sahel - Weltgesundheitsorganisation (WHO): Humanitäre Krise in der afrikanischen Sahelzone (in Englisch)
https://www.who.int/emergencies/situations/humanitarian-crisis-in-sahel-region-of-africa - International Crisis Group: Sahel (in Englisch)
https://www.crisisgroup.org/africa/sahel - European Civil Protection and Humanitarian Aid Operations (ECHO): Sahel (in Englisch)
https://civil-protection-humanitarian-aid.ec.europa.eu/where/africa/sahel_en