Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) hat heute seine große Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass gewaltsame Zusammenstöße zwischen nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen und Regierungstruppen Hunderttausende Menschen im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK, DR Kongo) in die Flucht treiben. Allein im Februar flohen fast 300.000 Menschen aus den Gebieten Rutshuru und Masisi in der Provinz Nord-Kivu, berichtete das UNHCR.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks hat das Wiederaufflammen der Gewalt in der Region seit März letzten Jahres über 800.000 Menschen vertrieben, auch in die Provinzen Süd-Kivu und Ituri. UNHCR-Teams und Partnerorganisationen sind dabei, die Vertreibung und die Nöte der zur Flucht gezwungenen Menschen zu erfassen. Seit Januar dieses Jahres sind außerdem mehr als 5.500 Menschen über die Grenze ins benachbarte Ruanda und weitere 5.300 nach Uganda geflohen, da die Grenzregionen weiterhin von Unsicherheit und Gewalt heimgesucht werden.
Die Gewalt hat sich insbesondere von der Region Kitchanga im Masisi-Territorium in Richtung der strategisch wichtigen Stadt Sake ausgeweitet. In der Woche vom 17. Februar wurden 49.000 Menschen vertrieben. In der Ortschaft Kibirizi im Gebiet Rutshuru flohen in der Woche vom 6. März weitere 20.000 Menschen.
"Die Zivilbevölkerung zahlt weiterhin den hohen und blutigen Preis des Konflikts, darunter auch Frauen und Kinder, die der Gewalt nur knapp entkommen sind und nun erschöpft und traumatisiert in spontanen oder organisierten Unterkünften unter freiem Himmel schlafen", sagte Matthew Saltmarsh, Sprecher des UNHCR.
Die Bedürfnisse der schutzbedürftigen Vertriebenen vervielfachen sich, da sich die ohnehin schon schlimmen Bedingungen verschlechtern und die vorhandenen Kapazitäten an den überfüllten Orten unter der Last der Neuankömmlinge zusammenbrechen.
Das UNHCR und andere Hilfsorganisationen stocken die humanitäre Hilfe und die Schutzmaßnahmen rasch auf, um den dringenden Bedarf zu decken, der sich aus der Überbelegung und den unzureichenden Unterkünften in den spontanen Lagern sowie aus dem begrenzten Zugang zu Nahrungsmitteln und sauberem Wasser ergibt.
Die Europäische Union hat eine humanitäre Luftbrücke (Humanitarian Air Bridge, HAB) aktiviert, um den unmittelbaren Bedarf der am stärksten gefährdeten Menschen zu decken. Der erste Flug soll am Freitag in Goma landen.
Während alle Anstrengungen unternommen würden, um den Vertriebenen in der Nähe von Goma Schutz und Hilfe zu gewähren, äußerte das UNHCR seine tiefe Besorgnis über den eingeschränkten Zugang der humanitären Hilfe zu den Vertriebenen in anderen Teilen der Provinz Nord-Kivu, da die Hauptrouten zu diesen betroffenen Gebieten in den letzten Monaten aufgrund des anhaltenden Konflikts häufig unzugänglich waren.
"UNHCR-Teams vor Ort berichteten von erschreckenden Berichten über Menschenrechtsverletzungen in den betroffenen Gebieten, insbesondere in den Regionen Rutshuru und Masisi, darunter willkürliche Tötungen, Entführungen, Erpressungen und Vergewaltigungen", sagte Saltmarsh.
Der am Dienstag in Kraft getretene Waffenstillstand zwischen der Rebellengruppe Mouvement du 23 mars (M23) und der kongolesischen Armee blieb bisher ohne Wirkung. Die Waffenruhe im Osten des Landes wurde vor einer Woche nach Gesprächen zwischen der bewaffneten Gruppe und dem angolanischen Präsidenten und Vermittler der Afrikanischen Union, João Lourenço, vereinbart und angekündigt.
Trotz des Waffenstillstands gingen die Kämpfe in der Provinz Nord-Kivu weiter. Zusammenstöße wurden vor allem aus Teilen der Gebiete Rutshuru und Masisi sowie aus der Stadt Sake gemeldet. Ein früherer Waffenstillstand vom November, der auf einem Gipfeltreffen am 23. November in Luanda (Angola) vereinbart worden war, wurde nicht befolgt.
Eine weitere erschreckende Entwicklung: Berichten zufolge wurden in dieser Woche bei mehreren Angriffen, die den Rebellen der Alliierten Demokratischen Kräfte (ADF) zugeschrieben werden, in den Dörfern Mukondi und Mausa, etwa 20 Kilometer südlich von Beni in der Provinz Nord-Kivu, mehr als 45 Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt.
Im Osten der Demokratischen Republik Kongo sind mehrere bewaffnete Gruppen aktiv, darunter die M23-Rebellen und die ADF-Rebellen. Im März 2022 kam es zu einem dramatischen Wiederaufflammen der Zusammenstöße zwischen der M23 und den Streitkräften der DR Kongo (FARDC). Die humanitäre Lage im Osten der Demokratischen Republik Kongo hat sich aufgrund der Eskalation des Konflikts in der Provinz Nord-Kivu drastisch verschlechtert.
Die Demokratische Republik Kongo ist mit einer der schlimmsten humanitären Katastrophen der Welt konfrontiert, und die Situation im Land ist eine der am meisten vernachlässigten Vertreibungskrisen weltweit. Seit Jahrzehnten leidet das Land unter mehreren, sich überschneidenden Notsituationen, die vor allem durch Konflikte und Zwangsvertreibungen verursacht werden. Laut Schätzungen der Vereinten Nationen benötigen in diesem Jahr 26,4 Millionen Menschen im Land humanitäre Hilfe.
Mit 7,1 Millionen Vertriebenen gibt es in der DR Kongo mehr Vertriebene als in jedem anderen Land Afrikas. Etwa 6,1 Millionen Menschen sind Binnenvertriebene innerhalb des Landes, vor allem in den östlichen Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu und Ituri, während 1 Million Flüchtlinge und Asylbewerber aus der DRK in den Nachbarländern aufgenommen wurden.
Weitere Informationen
Vollständiger Text: UNHCR besorgt über die Folgen des Konflikts für Hunderttausende Vertriebene im Osten der DR Kongo, UNHCR-Pressemitteilung, veröffentlicht am 10. März 2023 (in Englisch)
https://reliefweb.int/report/democratic-republic-congo/unhcr-concerned-conflicts-toll-hundreds-thousands-displaced-eastern-dr-congo