Rettungskräfte in der Türkei und in Syrien kämpfen am Donnerstag gegen die Zeit und mangelnde Ausrüstung, um Überlebende zu finden, die in den Trümmern von Gebäuden begraben sind, die bei den starken Erdbeben eingestürzt sind. Die Erdbeben, welche die Südtürkei und Nordsyrien am Montag erschütterten, haben bislang mehr als 16.000 Menschen in den Tod gerissen.
Die türkische Katastrophenschutzbehörde (AFAD) teilte heute mit, dass etwa 110.000 Mitarbeiter an den Rettungsarbeiten beteiligt sind und 5.500 Fahrzeuge wie Traktoren, Kräne, Bulldozer und Bagger in das vom Erdbeben gebeutelte Gebiet geschickt wurden.
Die Retter finden immer noch Menschen, die am Leben sind, können sie aber ohne die erforderliche Ausrüstung und Fachkenntnisse nicht erreichen, obwohl sie Hilferufe hören können. An einigen Suchstellen wurde gefeiert, weil Menschen lebend gefunden und zur medizinischen Versorgung abtransportiert wurden. Die Freilegung der Trümmer hat aber auch dazu geführt, dass die Zahl der Opfer immer wieder ansteigt.
Das Epizentrum des Erdbebens am Montag vor der Morgendämmerung lag in Pazarcik, in der Nähe der Stadt Gaziantep, nahe der türkisch-syrischen Grenze. Nach offiziellen Angaben wurden in der Türkei mindestens 12.873 Menschen getötet und mehr als 60.000 verletzt. In Syrien sind nach Angaben der Regierung in Damaskus und von Rettungsorganisationen mindestens 3.162 Menschen ums Leben gekommen.
Suchmannschaften und Nothilfe aus der ganzen Welt strömten Mittwoch in die Türkei, während die Rettungskräfte in den Trümmern verzweifelt nach Überlebenden suchten. Einem UN-Sprecher zufolge sind mehr als 40 spezialisierte Such- und Rettungsteams aus der Türkei und 19 anderen Ländern im Einsatz.
Die meisten dieser Teams werden von der türkischen Katastrophenschutzbehörde (AFAD) und einem 45-köpfigen UNDAC-Team (United Nations Disaster Assessment and Coordination) koordiniert, das in den betroffenen Gebieten von Gaziantep, Hatay, Adimayan und Kahramanmaras stationiert ist. Ein weiteres UNDAC-Team ist auf dem Weg nach Syrien, um die dortigen Maßnahmen zu unterstützen.
Mehr als 8.000 Menschen wurden in der Türkei aus den Trümmern geborgen, und etwa 380.000 haben nach Angaben der Regierung in staatlichen Unterkünften oder Hotels Zuflucht gefunden. Die Menschen drängten sich in Einkaufszentren, Stadien, Moscheen und Gemeindezentren zusammen, während andere die Nacht in Decken gehüllt im Freien verbrachten und sich um Feuer versammelten.
Berichten zufolge sind schätzungsweise 23 Millionen Menschen von dem Erdbeben der Stärke 7,8 betroffen, dem stärksten Erdbeben in der Region seit fast 100 Jahren. Während die Zahl der Todesopfer in den letzten Berichten mit mehr als 16.000 angegeben wird, geht die Weltgesundheitsorganisation davon aus, dass die Zahl der Todesopfer auf bis etwa 20.000 steigen wird. Das Erdbeben ist nunmehr das tödlichste seismische Ereignis weltweit seit dem Erdbeben und dem Tsunami von 2011, bei dem fast 20.000 Menschen in Japan ums Leben kamen.
Während in der Türkei langsam eine große humanitäre Aktion anläuft, kommen ähnliche Bemühungen in Syrien kaum in Gang. Die politischen Spannungen zwischen der Türkei und ihrem nördlichen Nachbarn könnten die Schwierigkeiten für die Helfer, angemessen auf die Krise in Syrien zu reagieren, noch verstärken.
Das Erdbeben ereignete sich in einer Region, die auf beiden Seiten der Grenze von dem seit mehr als zehn Jahren andauernden Bürgerkrieg in Syrien betroffen ist. Auf syrischer Seite ist das betroffene Gebiet zwischen dem von der Regierung gehaltenen Gebiet und der letzten von der Opposition gehaltenen Enklaven des Landes aufgeteilt, die von den von Russland unterstützten Regierungstruppen umgeben ist. Die Türkei beherbergt Millionen von Flüchtlingen aus dem Konflikt.
Durch den seit 12 Jahren andauernden Bürgerkrieg in Syrien sind mehr als 6,8 Millionen Menschen innerhalb des Landes vertrieben worden. Vor den Beben waren 4,1 Millionen Menschen im Nordwesten Syriens auf humanitäre Hilfe angewiesen, die meisten von ihnen Frauen und Kinder.
Im Nordwesten Syriens sind gemeindegeführte Rettungsteams mit der Suche nach Menschen beschäftigt, die unter den Trümmern eingestürzter Häuser eingeschlossen sind. Der Mangel an schweren Maschinen zur Beseitigung der Trümmer sowie die schlechten Wetterbedingungen erschweren diese Bemühungen. In anderen Teilen Syriens berichten humanitäre Helfer, dass sie dringend Hilfe, Logistik, qualifizierte Rettungsteams und Notunterkünfte benötigen.
Der UN-Koordinator für Syrien erklärte am Mittwoch, dass landesweit 10,9 Millionen Menschen von dem Erdbeben betroffen sind. Vor dem Beben waren bereits 15,3 Millionen Menschen in dem Land auf humanitäre Hilfe angewiesen.
"Es handelt sich also um eine Krise auf der Spitze der Krise", sagte El-Mostafa Benlamlih am Mittwoch während eines Videobriefings aus Damaskus vor Reportern bei den Vereinten Nationen in New York. Allein in Aleppo sei schätzungsweise ein Drittel der Häuser beschädigt oder zerstört worden, wodurch rund 100.000 Menschen ihr Zuhause verloren hätten.
Die humanitären Helfer haben mit einem Mangel an Treibstoff für ihre Einsätze sowie mit eisigen Temperaturen und beschädigten Straßen und Infrastrukturen zu kämpfen. Das Welternährungsprogramm hat in dem Gebiet Lebensmittelvorräte angelegt, die laut Benlamlih ausreichen, um 100.000 Menschen eine Woche lang zu ernähren. Die Weltgesundheitsorganisation hat zwei Flugzeuge mit medizinischen Hilfsgütern von ihrem Drehkreuz in Dubai nach Damaskus geschickt. Es müssen jedoch dringend weitere Hilfsgüter geliefert werden.
Das Welternährungsprogramm rief am Mittwoch zur Bereitstellung von 46 Mio. USD auf, um einer halben Million Menschen in der Türkei und in Syrien in den nächsten drei bis vier Monaten Nahrungsmittelhilfe zukommen zu lassen. Außerdem wurde die Hauptstraße, über welche die Vereinten Nationen Hilfsgüter von Gaziantep in der Türkei zum Umschlagplatz im Nordwesten Syriens bringen, durch das Beben beschädigt und geschlossen.
"Deshalb konnten wir keine Hilfsgüter schicken und suchten nach alternativen Routen", sagte Muhannad Hadi, regionaler UN-Koordinator für humanitäre Hilfe in Syrien, gegenüber Reportern aus Amman, Jordanien. Am Mittwoch habe man erfahren, dass die Straße wieder befahrbar sei, so dass man bereits am Donnerstag mit der Lieferung von Hilfsgütern beginnen könne.
Spenden Sie jetzt, um den von den Erdbeben in der Türkei und Syrien betroffenen Menschen zu helfen
- UN-Krisenhilfe: Spendenaufruf zum Erdbeben in der Türkei und in Syrien
https://crisisrelief.un.org/turkiye-syria-earthquake-appeal - Aktion Deutschland Hilft: Spenden Erdbeben Türkei und Syrien
https://www.aktion-deutschland-hilft.de/de/spenden-erdbeben-tuerkei-syrien/ - Deutsches Rotes Kreuz (DRK): Spenden Nothilfe Erdbeben Türkei und Syrien
https://www.drk.de/erdbeben-turkei-syrien/ - UNICEF Deutschland: Spenden Erdbeben Türkei / Syrien
https://www.unicef.de/spenden/jetzt-spenden?purpose=326970 - Bündnis Entwicklung hilft: Spenden Erdbeben Türkei / Syrien
https://entwicklung-hilft.de/news/schnelle-hilfe-nach-erdbeben-in-syrien-und-tuerkei/ - Welternährungsprogramm (WFP): Spenden Erdbeben in der Türkei und Syrien
https://donate.wfp.org/1244/donation/single/?campaign=2025 - UNHCR: Spenden Erdbeben-Notfall Türkei -Syrien
https://donate.unhcr.org/int/en/turkiye-syria-earthquake-emergency