Die Unsicherheit in Somalia hält an. Angriffe der Extremistengruppe Al-Shabaab und Kämpfe in der Region Laascaanood (Las Anod) fordern einen hohen Tribut von der Zivilbevölkerung, erklärte die UN-Gesandte für das Land am Donnerstag vor dem UN-Sicherheitsrat. Obwohl der Bedarf an humanitärer Hilfe in Somalia nach wie vor hoch sei, habe der verbesserte Zugang zu Wasser und Weideland die Auswirkungen der schweren und lang anhaltenden historischen Dürre gemildert.
Catriona Laing, die UN-Sonderbeauftragte für Somalia und Leiterin der UN-Hilfsmission in Somalia (UNSOM), unterrichtete den Sicherheitsrat am Donnerstag über die Lage in Somalia und wies darauf hin, dass die Konflikte in Somalia weiterhin einen hohen Tribut von der Zivilbevölkerung fordern.
Laing berichtete, dass im vergangenen Jahr der größte Anstieg an zivilen Opfern seit 2017 zu verzeichnen war, und die ersten Daten deuten auf einen ähnlichen Trend im Jahr 2023 hin, in dem bisher 1.289 zivile Opfer zu beklagen sind. Dies sei zum Teil auf die Angriffe von Al-Shabaab, aber auch auf den Konflikt in Laascaanood zurückzuführen, sagte sie.
Die UN-Sonderbeauftragte berichtete auch, dass die militärische Bekämpfung der extremistischen Al-Shabaab-Gruppe in Zentralsomalia Rückschläge hinnehmen musste.
"Trotz der anfänglichen Erfolge, als die somalische Nationalarmee und verbündete Clan-Milizen bedeutende Gebiete einnahmen, gab es Rückschläge und operative Herausforderungen, die seither zu bewältigen sind. Die Regierungstruppen konzentrieren sich darauf, sich neu zu gruppieren, zu verstärken und zu reorganisieren sowie zusätzliche Unterstützung von den Clans zu mobilisieren, bevor sie ihre groß angelegten Operationen wieder aufnehmen."
Der Konflikt in Laascaanood in der somalischen Region Sool, der im Februar dieses Jahres begann, eskalierte am 25. August, als die Dhulbahante-Miliz auf die Stadt Oog vorrückte.
"Derzeit ist die Lage ruhig, und die Menschen kehren nach Hause zurück. Ein Rückfall in die Gewalt ist jedoch nicht auszuschließen", so die Einschätzung der UN-Sonderbeauftragten.
Laing betonte, dass die humanitäre Krise in Somalia nach wie vor höchst besorgniserregend sei, da fast 4 Millionen Menschen weiterhin in einer unsicheren Ernährungslage lebten und auf Hilfe angewiesen seien.
Nach der jüngsten IPC-Analyse sind etwa 3,7 Millionen Menschen - 22 Prozent der somalischen Bevölkerung - von einer unsicheren Ernährungslage (Krisenniveau oder schlimmer) betroffen, darunter 1,5 Millionen Kinder unter 5 Jahren, die bis Juli 2024 von akuter Unterernährung bedroht sein werden, wobei 330.000 Kinder von schwerer Unterernährung betroffen sind.
"Die Situation wird sich voraussichtlich von Mitte Oktober bis Dezember weiter verschlechtern, vor allem aufgrund der intensiveren Deyr-Regenfälle, die durch das El-Niño-Phänomen verschärft werden und in weiten Teilen des Landes zu Sturzfluten und Überschwemmungen führen dürften", so Laing.
Nach einer historischen Dürre, die 2023 endete, bereitet sich Somalia nun auf El-Niño-Regenfälle vor. Es wird erwartet, dass ein starkes El-Niño-Phänomen überdurchschnittliche Regenfälle auslösen wird, die im Süden und in der Mitte Somalias zu schweren Überflutungen an Flüssen und Sturzfluten führen werden. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) hat gewarnt, dass bis zu 1,2 Millionen Menschen betroffen sein könnten und 1,5 Millionen Hektar Land einem hohen Überschwemmungsrisiko ausgesetzt sind.
Die Zahl der Menschen, deren Ernährung unsicher ist, wird wahrscheinlich auf 4,3 Millionen ansteigen, darunter mehr als 1 Million in der IPC-Phase 4 (Notfall) und 3,3 Millionen in der Phase 3 (Krise).
El Niño kann jedoch auch die Nahrungsmittelproduktion steigern und die Wasserverfügbarkeit verbessern. Ein besserer Zugang zu Wasser und Weideland hat die langfristigen Auswirkungen der schweren und lang anhaltenden Dürre bereits gemildert. Dennoch ist der Bedarf an humanitärer Hilfe in Somalia aufgrund der anhaltenden Klima- und Umweltschocks, von Konflikten, Vertreibungen, weit verbreiteter Armut und Krankheitsausbrüchen weiterhin hoch.
Rund 3,8 Millionen Somalier sind Binnenvertriebene im eigenen Land, und etwa 700.000 Menschen sind in die Nachbarländer geflohen. Die Vertriebenen haben den größten Bedarf, da sie oft nicht in der Lage sind, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen und erheblichen Gefahren ausgesetzt sind. In den ersten neun Monaten des Jahres 2023 haben Konflikte, Dürre und verheerende Überschwemmungen mehr als 1,4 Millionen Menschen in Somalia zur Flucht gezwungen - eine Rekordzahl an neuen Vertreibungen in diesem Land.
Während humanitäre Hilfe in diesem Jahr bisher 6,3 Millionen Menschen erreicht hat, kämpfen Millionen von Menschen weiterhin täglich mit dem Hunger. Schätzungsweise 8,25 Millionen Menschen, d. h. fast die Hälfte der Bevölkerung, sind auf humanitäre Hilfe und Schutz angewiesen.
Laing betonte, dass es von entscheidender Bedeutung ist, Programme auszuweiten, mit denen die Ursachen der humanitären Krise angegangen werden können, und die humanitäre Hilfe mit einer längerfristigen Klimaanpassung zu verbinden.
Kritisch ist auch die Finanzierung des Humanitären Reaktionsplans 2023 für Somalia, der mehr als 2,6 Milliarden US-Dollar vorsieht, um die Bedarfe von 7,6 Millionen Menschen zu decken. Derzeit ist der Plan nur zu 39,4 Prozent finanziert, und die Hilfsorganisationen müssen den Schwächsten in den Gebieten mit dem größten Bedarf Vorrang einräumen.
"Ich appelliere an alle Freunde Somalias, die dringend benötigten Mittel unverzüglich aufzustocken", so die UN-Gesandte.
Weitere Informationen
Vollständiger Text: Erklärung der Sonderbeauftragten des Generalsekretärs Catriona Laing an den Sicherheitsrat zur Lage in Somalia, UN-Hilfsmission in Somalia (UNSOM), veröffentlicht am 19. Oktober 2023 (in Englisch)
https://unsom.unmissions.org/statement-special-representative-secretary-general-catriona-laing-security-council-situation-0
Vollständiger Text: Bericht des Generalsekretärs über die Lage in Somalia (S/2023/758), UN-Hilfsmission in Somalia (UNSOM), veröffentlicht am 13. Oktober 2023 (in Englisch)
https://unsom.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_somalia_13_october_2023_0.pdf