Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) warnen, dass sich die akute Ernährungsunsicherheit in 18 Brennpunkten des Hungers - insgesamt 22 Länder oder Gebiete, darunter zwei Regionen - im Zeitraum von November 2023 bis April 2024 wahrscheinlich weiter verschärfen wird. In ihrem jüngsten Frühwarnbericht, der am Dienstag veröffentlicht wurde, führen die UN-Organisationen aus, dass Burkina Faso, Mali, der Südsudan und der Sudan nach wie vor die am stärksten gefährdeten Länder sind, während die besetzten palästinensischen Gebiete aufgrund der schweren Eskalation des Konflikts im Gazastreifen im Oktober 2023 in die Liste der am stärksten gefährdeten Gebiete aufgenommen wurden.
Der Frühwarnbericht nennt als besonders besorgniserregende Situationen solche, in denen Bevölkerungsgruppen von katastrophalem Hunger bedroht sind oder voraussichtlich bedroht sein werden (IPC-Phase 5 Katastrophe) oder in denen die Gefahr besteht, dass sich die Situation zwischen November 2023 und April 2024 in Richtung katastrophaler Zustände verschlechtert, da die Bevölkerung dort bereits mit kritischer Ernährungsunsicherheit konfrontiert ist (IPC-Phase 4 Notfall) und schwerwiegende verschärfende Faktoren zu berücksichtigen sind.
Nach Angaben der beiden UN-Organisationen benötigen die genannten fünf Länder oder Gebiete die dringendste Aufmerksamkeit.
Dem Bericht zufolge sind Äthiopien, Afghanistan, die Demokratische Republik Kongo, Haiti, Jemen, Pakistan, Somalia und Syrien Krisenherde, die Anlass zu großer Sorge geben. In all diesen Krisenherden ist die Zahl der Menschen, die von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind oder voraussichtlich betroffen sein werden, hoch, und es wird erwartet, dass sich die lebensbedrohlichen Bedingungen in den kommenden Monaten weiter verschärfen werden.
Seit der letzten Ausgabe des Frühwarnberichts im Mai dieses Jahres wurden die besetzten palästinensischen Gebiete, und die Länder Dschibuti, Niger, Simbabwe und Tschad in die Liste der Hotspot-Länder und -Gebiete aufgenommen, während El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua - die Länder im Trockenkorridor Zentralamerikas - und Malawi weiterhin als Hotspot-Länder gelten.
Die UN-Organisationen stellen in ihrem Bericht die Länder und Situationen dar, in denen in den nächsten sechs Monaten mit der größten Verschlechterung der Hungersituation zu rechnen ist, diese bilden jedoch nicht alle Länder und Gebiete ab, in denen ein hohes Maß an akuter Ernährungsunsicherheit herrscht.
In dem Bericht wird hervorgehoben, dass bewaffnete Gewalt, insbesondere der Trend zu vermehrten Angriffen auf die Zivilbevölkerung, die weltweite Situation der Vertreibung wahrscheinlich weiter verschärfen wird.
"Es wird erwartet, dass die anhaltenden Feindseligkeiten im Gazastreifen die ohnehin schon dramatischen humanitären Folgen für die Bevölkerung weiter verschärfen und möglicherweise auch weitere regionale Auswirkungen haben werden", heißt es in dem Bericht.
Auch in der Sahelzone nehmen Instabilität und Gewalt weiter zu, angefangen bei den jüngsten Staatsstreichen in Burkina Faso, Mali und Niger bis hin zum andauernden Konflikt im Sudan, der auch Nachbarländer wie den Tschad betrifft.
FAO und WFP warnen, dass der geplante und laufende Abzug von Friedensmissionen aus Mali, der Demokratischen Republik Kongo und Somalia die Sicherheitsrisiken erhöhen, die Aktivitäten nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen (NSAG) und Angriffe auf die Zivilbevölkerung verstärken und auch die humanitären Maßnahmen einschränken könnte.
Laufende oder geplante Kürzungen der Nahrungsmittel- und Lebensunterhaltshilfe aufgrund von Finanzierungsengpässen haben sich bereits auf mehrere Hotspots des Hungers ausgewirkt, darunter Afghanistan, die besetzten palästinensischen Gebiete, Haiti, Jemen, Malawi, Somalia und Syrien sowie auf Situationen, die einer genaueren Beobachtung bedürfen, wie etwa die Lage der Rohingya-Flüchtlinge in Cox's Bazar (Bangladesch).
Wetterextreme wie starke Regenfälle, tropische Stürme, Überschwemmungen und Dürren sind in einigen Ländern und Regionen nach wie vor die Hauptursache für akute Ernährungsunsicherheit. Im September 2023 hat das El-Niño-Phänomen seinen Höhepunkt erreicht, und die Prognosen deuten darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die El-Niño-Bedingungen während des gesamten Prognosezeitraums anhalten, sehr hoch ist.
Das Wetterphänomen hat sich bereits negativ auf verschiedene Regionen der Welt ausgewirkt, insbesondere auf Südostasien und Lateinamerika, und wird voraussichtlich auch in den kommenden sechs Monaten anhalten, wobei vor allem Regionen in Ostafrika, im südlichen Afrika und in Lateinamerika betroffen sein werden.
"In allen 18 Brennpunkten des Hungers ist dringende und aufgestockte Hilfe erforderlich, um die Lebensgrundlagen zu schützen und den Zugang zu Nahrungsmitteln zu verbessern. Dies ist unerlässlich, um eine weitere Verschlechterung der akuten Ernährungsunsicherheit und Unterernährung zu verhindern. In den besonders besorgniserregenden Hotspots sind humanitäre Maßnahmen entscheidend, um weiteres Verhungern und Sterben zu verhindern", so der Bericht.
IPC steht für die Integrierte Klassifizierung der Ernährungssicherheitsphasen, eine Initiative mehrerer Partner zur Verbesserung der Ernährungssicherheit und der Entscheidungsfindung. Die IPC-Skala für akute Ernährungsunsicherheit besteht aus fünf Klassifizierungen: (1) minimal/keine, (2) gestresst, (3) Krise, (4) Notfall und (5) Katastrophe/Hungersnot.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ist eine internationale Organisation, welche die internationalen Bemühungen zur Bekämpfung des Hungers und zur Verbesserung der Ernährungssicherheit und Ernährung weltweit koordiniert und vorantreibt. Die Organisation wurde am 16. Oktober 1945 gegründet und besteht aus 195 Mitgliedern. Die FAO hat ihren Hauptsitz in Rom und ist in über 130 Ländern weltweit tätig.
Das Welternährungsprogramm ist die größte humanitäre Organisation der Welt. Die UN-Organisation, die 2020 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, rettet in Notsituationen Menschenleben und unterstützt die Menschen bei der Bewältigung von Konflikten, Katastrophen und den Auswirkungen des Klimawandels durch Nahrungsmittelhilfe. Das Welternährungsprogramm ist in über 120 Ländern und Gebieten tätig. Für Millionen von Menschen weltweit kann die Hilfe des WFP den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.
Weitere Informationen
Vollständiger Text: Hotspots des Hungers. FAO-WFP-Frühwarnungen zur akuten Ernährungsunsicherheit. November 2023 bis April 2024 Ausblick, Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP), veröffentlicht am 31. Oktober 2023 (in Englisch)
https://docs.wfp.org/api/documents/WFP-0000153539/download/