Mindestens 573.000 Kinder unter fünf Jahren sind in Malawi von Unterernährung bedroht, warnte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) am Freitag. Trotz der jüngsten Fortschritte bei der Reduzierung der chronischen Unterernährung und des Hungers im Land droht die akute Ernährungsunsicherheit, die durch wiederkehrende Klimaschocks, vermeidbare Krankheitsausbrüche, wirtschaftliche Instabilität und chronische Unterfinanzierung verstärkt wird, bisherige Erfolge zunichte zu machen, so UNICEF.
Malawi hat immer noch mit den Verwüstungen zu kämpfen, die der tropische Wirbelsturm Freddy im März dieses Jahres angerichtet hat. 659.000 Menschen, darunter viele Kinder, sind derzeit Binnenvertriebene. In der Zwischenzeit hat ein anhaltender Choleraausbruch in dem Land mehr als 1.700 Menschenleben gefordert.
"Die Kinder in Malawi sind die Hauptleidtragenden der globalen Polykrise. Die unsichere Ernährungslage, die durch eine wachsende Klimakrise, den Ausbruch von Krankheiten und den weltweiten wirtschaftlichen Abschwung noch verschärft wird, könnte verheerende Folgen haben und das Leben von Millionen von Kindern zerstören", sagte der UNICEF-Länderbeauftragte Gianfranco Rotigliano.
"Die Aussicht, dass über eine halbe Million Kinder an Unterernährung leiden, ist inakzeptabel. Ohne eine sofortige Reaktion werden die Auswirkungen auf diese gefährdeten Kinder tödlich sein."
Die UN-Organisation hat einen neuen Hilfsappell für das südostafrikanische Land veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass die Zahl der unterernährten Kinder in den letzten fünf Jahren gestiegen ist und sich in den letzten Monaten deutlich beschleunigt hat.
Allein im Jahr 2023 sind schätzungsweise über 62.000 Kinder im Alter von 6 bis 59 Monaten von schwerer akuter Unterernährung ("severe acute malnutrition", SAM), auch bekannt als Auszehrung (engl. wasting), bedroht. Schätzungsweise 573.800 Kinder unter fünf Jahren und 228.000 schwangere und stillende Frauen sind von Unterernährung bedroht.
Um den dringenden Bedarf von 6,5 Millionen Menschen, darunter 3,3 Millionen Kinder, zu decken, hat UNICEF seinen Aufruf für Malawi von 52,4 auf 87,7 Millionen US-Dollar erhöht.
Die Mittel werden zur Deckung des vorrangigen Bedarfs an gebrauchsfertiger therapeutischer Nahrung („ready-to-use therapeutic food“, RUTF) zur Behandlung schwerer akuter Unterernährung, Zugang zu sauberem Trinkwasser, sanitären Einrichtungen, Hygieneartikeln, Gesundheit, Ernährung, Bildung, Kinderschutzdiensten und Bargeldtransferprogrammen verwendet.
Im ersten Quartal 2023 unterstützte UNICEF mithilfe von Gebern und Partnern die Regierung von Malawi bei der Untersuchung von 140.307 Kindern unter fünf Jahren auf akute Unterernährung. Bei 522 dieser Kinder wurde SAM diagnostiziert und sie wurden zur weiteren Behandlung an Gesundheitseinrichtungen überwiesen.
"Ohne verstärkte Unterstützung werden arme und gefährdete Haushalte mit Kindern keinen Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen, lebenswichtigen Gütern und sozialer Unterstützung haben", sagte Rotigliano.
"Aber über die unmittelbare Reaktion hinaus ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir in langfristige Lösungen investieren, indem wir die Systeme stärken und die Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaften aufbauen, um mit wiederkehrenden Ausbrüchen und humanitären Notlagen besser umgehen zu können."
Malawi erlebt derzeit den tödlichsten Choleraausbruch in der Geschichte des Landes. Das malawische Gesundheitsministerium erklärte den Choleraausbruch am 3. März 2022, nachdem sich mehrere Fälle bestätigt hatten. Die Zahl der Cholerafälle und Todesfälle im Land ist seit Anfang Januar 2023 exponentiell gestiegen.
Der aktuelle Choleraausbruch hat alle 29 Distrikte Malawis erfasst. Bis zum 23. April 2023 sind 58.171 Fälle gemeldet worden, darunter 1.743 Todesfälle.
Malawi ist auch von einer Vielzahl von Naturkatastrophen betroffen, darunter Zyklone, zyklische Dürren, Erdbeben, Überschwemmungen und schwere Stürme. Im März 2023 wurde das Land von einem der am längsten andauernden tropischen Wirbelstürme heimgesucht, der große Schäden anrichtete, Hunderte von Menschenleben forderte, mehr als 650.000 Menschen obdachlos machte und etwa 2,3 Millionen Menschen in Mitleidenschaft zog.
Darüber hinaus sind gefährdete Bevölkerungsgruppen immer wieder von Ernährungsunsicherheit betroffen. Schätzungsweise 3,8 Millionen Menschen in ganz Malawi benötigten zwischen Oktober 2022 und März 2023 Nahrungsmittelsoforthilfe, um ihre Grundbedürfnisse in der mageren Jahreszeit zu decken, also in der Zeit, in der Nahrungsmittel am knappsten sind.
Weitere Informationen
Vollständiger Text: Über eine halbe Million Kinder in Malawi von Unterernährung bedroht, UNICEF, Pressemitteilung, veröffentlicht am 19. Mai 2023 (in Englisch)
https://www.unicef.org/press-releases/over-half-million-children-risk-malnutrition-malawi