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  1. Humanitäre Nachrichten

Rohingya-Flüchtlinge: 150.000 Menschen sind in den letzten 18 Monaten nach Bangladesch geflohen

Von Simon D. Kist, 12 Juli, 2025

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und seine humanitären Partner bereiten sich eilends darauf vor, bis zu 150.000 Rohingya-Flüchtlingen zu helfen, die in den vergangenen 18 Monaten in der Region Cox's Bazar, Bangladesch, angekommen sind. Gezielte Gewalt gegen die ethnische Gruppe und Verfolgung im Bundesstaat Rakhine in Myanmar sowie der andauernde Krieg im Nachbarland haben Tausende Rohingya gezwungen, in Bangladesch Schutz zu suchen.

„Diese über Monate verteilte Bewegung von Rohingya-Flüchtlingen nach Bangladesch ist die größte aus Myanmar seit 2017, als etwa 750.000 vor der tödlichen Gewalt in ihrem Heimatstaat Rakhine flohen“, sagte Babar Baloch, Sprecher des UNHCR, am Freitag vor Journalisten in Genf.

"Bangladesch hat die Rohingya-Flüchtlinge seit Generationen großzügig aufgenommen. In Cox's Bazar gesellen sich diese Neuankömmlinge zu weiteren fast 1 Million Rohingya-Flüchtlingen, die auf nur 24 Quadratkilometern zusammengepfercht sind - das macht die Lager zu einem der am dichtesten besiedelten Orte der Welt."

Im August 2017 suchten mehr als 740.000 Rohingya Zuflucht in Cox's Bazar, um der Gewalt und Verfolgung in Myanmar zu entkommen. Sie schlossen sich Hunderttausenden anderer Rohingya an, die zuvor geflohen waren. Auch nach der Gewalt in den Jahren 1978, 1992, 2012 und 2016 wurden Angehörige der ethnischen Volksgruppe in großem Umfang aus dem Rakhine-Staat vertrieben.

Seit mehr als 50 Jahren fliehen Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya vor Verfolgung und Diskriminierung im mehrheitlich buddhistischen Myanmar in Nachbarländer, darunter Bangladesch. Schätzungsweise 500.000 Rohingya, die noch immer in Myanmars Rakhine-Staat leben, können sich nicht frei bewegen und sind Verfolgung, Zwangsvertreibung und Gewalt ausgesetzt.

Schätzungen zufolge leben derzeit 1,15 Millionen Menschen - von denen 1,143 Millionen registriert sind - in der weltweit größten Flüchtlingssiedlung in der Region Cox's Bazar, einem Gebiet an der Küste des Golfs von Bengalen, das extrem anfällig für Wirbelstürme, Überschwemmungen, Erdrutsche, Brände und die Auswirkungen des Klimawandels ist. Die Familien leben in Hütten aus Bambus und Teerpappe und haben nur begrenzte Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten oder eine Schule zu besuchen.

Von den Neuankömmlingen in Bangladesch wurden bis Ende Juni fast 121.000 biometrisch identifiziert, und man geht davon aus, dass noch mehr von ihnen informell in den bereits überfüllten Flüchtlingslagern untergebracht sind. In der Mehrheit handelt es sich um Frauen und Kinder.

Nunmehr im achten Jahr ist die humanitäre Krise der Rohingya weitgehend aus dem internationalen Rampenlicht verschwunden, doch die Lage ist nach wie vor ernst. Die Rohingya-Flüchtlinge befinden sich weiterhin in einer prekären Lage und sind zum Überleben vollständig auf humanitäre Hilfe angewiesen, da sie die Lager nicht verlassen und nicht legal arbeiten können, um ihre Familien zu unterstützen.

„Es wird dringend mehr humanitäre Unterstützung benötigt, da die Neuankömmlinge weitgehend von der Solidarität der in den Lagern lebenden Menschen abhängig sind, was die stark geschrumpften Ressourcen überfordert“, sagte Baloch.

"Die biometrische Identifizierung hat es den humanitären Partnern in Bangladesch ermöglicht, die Neuankömmlinge mit grundlegenden Leistungen zu versorgen, darunter Lebensmittel, medizinische Versorgung, Bildung und wichtige Hilfsgüter. "

Ohne eine sofortige Finanzspritze werden diese Bemühungen jedoch bald versiegen, sagte er. Der Zugang zu Unterkünften und anderen lebensnotwendigen Gütern ist aufgrund der begrenzten Mittel unzureichend.

Der Gemeinsame Reaktionsplan (JRP) 2025 für die humanitäre Krise der Rohingya sieht 934,5 Millionen US-Dollar von der internationalen Gemeinschaft vor, um Schutz, Unterkunft und die Grundversorgung der Flüchtlinge in den Lagern zu finanzieren und ihnen Möglichkeiten zu geben, sich selbst zu versorgen. Im Juli war das JRP jedoch erst zu 33 Prozent finanziert.

Der erwähnte ursprüngliche JRP-Plan berücksichtigte indes nicht die rund 120.000 neu ankommenden Flüchtlinge.

Ein hohes Maß an Ernährungsunsicherheit belastet die Flüchtlinge in Cox's Bazar erheblich. 20 Prozent der Flüchtlinge sind von einer akuten Notlage der Ernährungsunsicherheit (IPC 4) betroffen und 20 Prozent von einer Krise (IPC 3). Mehr als 81.000 Kinder leiden an akuter Unterernährung oder werden voraussichtlich daran leiden.

Aufgrund der akuten globalen Finanzierungskrise wird der dringende Bedarf der neu ankommenden und der bereits anwesenden Flüchtlinge nicht gedeckt werden können, wodurch die grundlegenden Versorgungssysteme für die gesamte Rohingya-Flüchtlingsbevölkerung zusammenzubrechen drohen.

Das UNHCR warnt, dass ohne zusätzliche Mittel die Gesundheitsversorgung bis September stark in Mitleidenschaft gezogen werden wird und dass das lebensnotwendige Brennmaterial (LPG) ausgehen wird. Im Dezember wird es die Nahrungsmittelhilfe nicht mehr geben. Der Schulunterricht für rund 230.000 Kinder, darunter 63.000 Neuankömmlinge, droht unterbrochen zu werden.

"Die Flüchtlinge in den Lagern haben die Auswirkungen dieser Kürzungen bereits zu spüren bekommen. Sie befürchten, dass weitere Kürzungen drohen", betonte Baloch.

„Dies schürt ein Gefühl der Verzweiflung und Angst und treibt einige dazu, sich auf der Suche nach Sicherheit und einem würdigeren Leben für ihre Familien auf gefährliche Seereisen in andere Länder zu begeben.“

Die verheerende humanitäre Lage in den Flüchtlingslagern und in Myanmar wird durch die Mittelkürzungen verschärft und hat schwerwiegende Folgen für das Leben der Rohingya. Immer mehr von ihnen begeben sich auf gefährliche Reisen, um Sicherheit, Schutz und ein würdiges Leben für sich und ihre Familien zu finden.

Bei zwei Bootstragödien vor der Küste Myanmars kamen im Mai etwa 427 Rohingya ums Leben, womit es sich um die tödlichste Tragödie handelte, die Rohingya-Flüchtlinge auf der Suche nach Sicherheit in diesem Jahr erlebten. Berichten zufolge waren etwa 514 Flüchtlinge auf den beiden Booten unterwegs, sowohl Flüchtlinge aus Lagern in Cox's Bazar, Bangladesch, als auch Menschen, die aus dem Bundesstaat Rakhine in Myanmar flohen.

Fast jeder siebte Mensch, der in dieser Region eine gefährliche Seereise unternimmt, wurde in diesem Jahr bereits als tot oder vermisst gemeldet, womit die Andamanensee und der Golf von Bengalen zu den tödlichsten Gewässern der Welt gehören.

Allein im Jahr 2024 versuchten mehr als 9.100 Rohingya mit Booten zu fliehen. Mehr als 650 Menschen sind im vergangenen Jahr auf der Seeroute gestorben oder verschwunden.

Unterdessen bleibt die Grenze zwischen Bangladesch und Myanmar offiziell geschlossen und wird vom Grenzschutz von Bangladesch überwacht.

Baloch sagte, das UNHCR und seine Partner seien dankbar, dass die Regierung von Bangladesch den neu angekommenen Rohingya-Flüchtlingen den Zugang zu Nothilfe und Grundversorgung in den Lagern von Cox's Bazar gestattet habe.

„Da der Konflikt in Myanmar jedoch unvermindert anhält, setzen wir uns bei den bangladeschischen Behörden dafür ein, Zivilisten, die vor dem Konflikt fliehen, einen geregelten Zugang zu Sicherheit und Asyl zu ermöglichen“, sagte der UNHCR-Sprecher.

"Im Laufe der Jahre war die großzügige Unterstützung von Bangladesch und der internationalen Gemeinschaft entscheidend für die Deckung der grundlegendsten Bedürfnisse der Rohingya-Flüchtlinge und die Gewährung von Schutz. Jeder Aspekt der Flüchtlingshilfe ist von der Finanzierungsknappheit betroffen. "

Das UNHCR ruft die internationale Gemeinschaft auf, sich mit Bangladesch und anderen Ländern in der Region, die Rohingya-Flüchtlinge aufnehmen, zu solidarisieren.

„Solange in Myanmars Rakhine-Staat kein Frieden und keine Stabilität herrschen, die eine sichere und freiwillige Rückkehr ermöglichen, muss die internationale Gemeinschaft die Bemühungen um lebensrettende Hilfe für Rohingya, die zur Flucht gezwungen sind, weiter unterstützen“, fügte Baloch hinzu.

Einem im Mai 2025 veröffentlichten UN-Bericht zufolge haben bewaffnete Widerstandsgruppen in Myanmar erhebliche Fortschritte erzielt und die Kontrolle über immense Gebiete erlangt. Als Reaktion darauf hat das Militär regelmäßig Luftangriffe und Artilleriebeschuss auf bewohnte Gebiete durchgeführt, was im Jahr 2024 zu mehr Opfern unter der Zivilbevölkerung führte als in den Vorjahren.

Besonders heftig waren die Kämpfe im Bundesstaat Rakhine, wo die bewaffnete ethnische Organisation Arakan-Armee (AA) das regionale Militärhauptquartier und zahlreiche Stützpunkte unter ihre Kontrolle brachte und den Bundesstaat nahezu vollständig beherrschte. Zehntausende Rohingya wurden aus ihren Häusern in Myanmar vertrieben, als heftige Kämpfe zwischen den Streitkräften der Junta und der Arakan-Armee in Rakhine ausbrachen.

Zivilisten, die zwischen das Militär und die AA gerieten, waren regelmäßig von Tötungen, Verschleppungen, Verstümmelungen, willkürlichen Verhaftungen, Folter, der Zerstörung von Dörfern und weitreichenden Vertreibungen betroffen. Nach Angaben der UN sind die Bedingungen für eine sichere und dauerhafte Rückkehr der Rohingya in den Bundesstaat Rakhine nach wie vor nicht gegeben.

Spirale der Gewalt in Myanmar

Die Militärjunta verstärkt derweil ihre Angriffe auf Klöster, Schulen und Lager, in denen Menschen untergebracht sind, die durch den Bürgerkrieg vertrieben wurden, was zu einer Spirale der Gewalt in Myanmar führt. Nach vier Jahren erbitterten Bürgerkriegs und verheerenden Erdbeben vor mehr als drei Monaten ist die Zahl der Menschen in Myanmar, die humanitäre Hilfe benötigen, auf eine noch nie dagewesene Zahl von 22 Millionen angestiegen.

Seit 2021, als das Militär des Landes durch einen Staatsstreich die Macht an sich riss, ist Myanmar in einen blutigen Bürgerkrieg verwickelt, der Tausende Zivilisten das Leben gekostet hat. Seit Oktober 2023 hat eine Koalition ethnischer Rebellenkräfte ihre Offensive zum Sturz der Junta ausgeweitet.

Der Bedarf an humanitärer Hilfe in Myanmar hat ein Rekordniveau erreicht: 21,9 Millionen Menschen sind auf Hilfe angewiesen. Vor den Erdbeben waren 19,9 Millionen Menschen als hilfsbedürftig eingestuft worden. Nach den Erdbeben im März sind nun zusätzlich 2 Millionen Menschen dringend auf Hilfe angewiesen.

Darüber hinaus hat die weltweite Finanzierungskrise für humanitäre Hilfe schwerwiegende negative Auswirkungen auf Myanmar, wo bislang lediglich 12 Prozent des Humanitären Bedarfs- und Reaktionsplans finanziert sind.

Circa 3,5 Millionen Menschen sind innerhalb des Landes vertrieben worden. Etwa 1,5 Millionen Menschen sind über die Landgrenzen in die Nachbarländer geflohen oder haben die Grenzen auf dem Seeweg überquert. Aufgrund der Kämpfe zwischen den Streitkräften Myanmars und verschiedenen nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen müssen weiterhin Zivilisten aus ihren Häusern fliehen.

Nahezu ein Drittel der Bevölkerung des Landes ist von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. Einem im Juni von den Vereinten Nationen veröffentlichten Frühwarnbericht zufolge ist Myanmar einer der kritischsten Krisenherde des Hungers weltweit und bedarf dringender Aufmerksamkeit, um Leben und Existenzgrundlagen zu retten.

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