Während der Konflikt im Sudan in den zweiten Monat geht, haben die Vereinten Nationen und ihre humanitären Partnerorganisationen am Mittwoch 3 Milliarden US-Dollar gefordert, um Millionen von Menschen im Land und Hunderttausenden, die in die Nachbarländer fliehen, zu helfen. 25 Millionen Menschen im Sudan sind auf humanitäre Unterstützung und Schutz angewiesen.
Vor dem Hintergrund, dass die Zahl der Todesopfer steigt, der Bedarf an humanitärer Hilfe in die Höhe schießt und die Zahl der Vertriebenen zunimmt, haben die Vereinten Nationen zwei überarbeitete Hilfspläne zur Bereitstellung von Nahrungsmitteln, medizinischer Versorgung, Unterkünften, Schutz und anderen wichtigen Hilfsgütern vorgelegt.
Seit dem Ausbruch der Kämpfe vor mehr als einem Monat wurden mindestens 676 Menschen getötet und 5.576 verletzt, wobei die tatsächliche Zahl vermutlich viel höher sein dürfte. Der Konflikt zwischen dem sudanesischen Militär unter der Führung von General Abdel Fattah Burhan und der paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF) unter der Leitung von General Mohammed Hamdan Dagalo brach am 15. April aus, nachdem es monatelang zu Spannungen über die politische Zukunft des Landes und die geplante Integration der RSF in die nationale Armee gekommen war.
"Dieser Konflikt ist ein grausamer Schlag für das sudanesische Volk, das bereits unter der Last einer verzweifelten humanitären Situation taumelt. Der Wunsch, die Bereitschaft und die Ungeduld der humanitären Organisationen, Hilfe zu leisten, sind so groß wie eh und je", sagte der UN-Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten und Nothilfekoordinator Martin Griffiths.
Der humanitäre Reaktionsplan (HRP) für den Sudan wurde aufgrund des durch die derzeitige Krise ausgelösten enormen Bedarfs überarbeitet. Für die Unterstützung von 18 Millionen Menschen bis zum Ende dieses Jahres werden nun 2,56 Mrd. US-Dollar benötigt, das sind 800 Mio. US-Dollar mehr als noch vor einigen Monaten, womit es sich um den größten Hilfeaufruf handelt, der jemals für den Sudan veröffentlicht wurde.
Der regionale Flüchtlingshilfeplan für den Sudan (RRP) sieht 470,4 Mio. US-Dollar für die Unterstützung von Flüchtlingen, Rückkehrern und Aufnahmegemeinschaften in der Zentralafrikanischen Republik, dem Tschad, Ägypten, Äthiopien und dem Südsudan vor. Mit den Mitteln soll über 1 Million Menschen geholfen werden, darunter Flüchtlinge, Rückkehrer und Drittstaatsangehörige.
"Die Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung war ein begrüßenswerter erster Schritt zum Schutz der Zivilbevölkerung und zur sicheren Bereitstellung der Hilfe. Aber jetzt brauchen wir die Großzügigkeit der internationalen Gemeinschaft, um unsere Hilfe zu verstärken und alle Notleidenden zu erreichen", sagte Griffiths.
Die sudanesischen Kriegsparteien unterzeichneten am 11. Mai eine Verpflichtungserklärung, in der Leitlinien für die Zulassung humanitärer Hilfe in das Land festgelegt wurden. Die "Verpflichtungserklärung zum Schutz der sudanesischen Zivilbevölkerung" beinhaltet allerdings keinen Waffenstillstand. Das Abkommen soll den Schutz der Zivilbevölkerung gewährleisten und unter anderem "Zivilisten die Möglichkeit geben, Gebiete, in denen aktive Feindseligkeiten stattfinden, auf freiwilliger Basis in die von ihnen gewünschte Richtung zu verlassen".
In der Verpflichtungserklärung werden beide Seiten aufgefordert, humanitäre Hilfe zuzulassen, die Wiederherstellung der Stromversorgung, der Wasserversorgung und anderer grundlegender Dienstleistungen zu ermöglichen, die Sicherheitskräfte aus den Krankenhäusern abzuziehen und für eine "respektvolle Beerdigung" der Toten zu sorgen.
Durch die jüngsten Kämpfe sind bereits mehr als 1 Million Menschen vertrieben worden. Während mindestens 846.000 Menschen innerhalb des Sudan zu Binnenvertriebenen wurden, sind mehr als 220.000 Flüchtlinge und Rückkehrer aus dem Land geflohen. Viele Sudanesen haben Zuflucht im Tschad, in der Zentralafrikanische Republik und in Ägypten gesucht; südsudanesische Flüchtlinge sind unter widrigen Bedingungen in ihre Heimat zurückgekehrt. Ohne eine rasche Lösung des gewaltsamen Konflikts werden viele weitere Menschen gezwungen sein, auf der Suche nach Sicherheit und grundlegender Hilfe zu fliehen.
"Mehr als einen Monat nach Beginn der Krise befinden sich zahllose Menschen im Sudan in Angst und Schrecken, und diejenigen, die über die vielen Grenzen des Landes geflohen sind, benötigen Hilfe. Sie befinden sich oft an Orten, zu denen der Zugang extrem schwierig ist und die Ressourcen knapp sind", sagte Filippo Grandi, UN-Hochkommissar für Flüchtlinge.
"Die humanitären Organisationen arbeiten mit Hochdruck daran, zu reagieren, aber wir müssen - wieder einmal - die Länder und Einzelpersonen, die über die Mittel verfügen, auffordern, sich zu engagieren und die Mittel bereitzustellen, damit wir den Menschen helfen können, die alles verloren haben."
Nach Angaben des UN-Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) wird sich der überarbeitete Plan für humanitäre Hilfe darauf konzentrieren, die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Wasser und sanitären Einrichtungen sowie andere lebensrettende Maßnahmen rasch zu verbessern. Darüber hinaus wird der Schwerpunkt verstärkt auf den Schutz, einschließlich des Schutzes von Kindern und der Verhinderung geschlechtsspezifischer Gewalt, gelegt.
Der humanitäre Reaktionsplan, an dem 92 Hilfsorganisationen beteiligt sind, sieht eine Ausweitung der Maßnahmen in Gebieten vor, in denen heftige Kämpfe herrschen, z. B. in der Hauptstadt Khartum, sowie in Gebieten, in die viele Menschen auf der Flucht vor der Gewalt geflohen sind, darunter West-, Süd- und Nord-Darfur. Damit die Aufstockung der Hilfe umgesetzt werden kann, müssen die humanitären Organisationen sicheren Zugang zu den Not leidenden Menschen haben.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) erklärte, der Flüchtlingsreaktionsplan werde den Aufnahmeländern helfen, die Hilfsmaßnahmen mit einem "gesamtgesellschaftlichen" Ansatz zu koordinieren und die Regierungen und Gemeinden der Aufnahmeländer zu unterstützen. Der Plan skizziert die bereichsübergreifende Strategie und den Finanzbedarf von 140 Hilfsorganisationen, um denjenigen Schutz und humanitäre Hilfe zu bieten, die gezwungen waren, über die Grenzen zu fliehen.
Nach Angaben des UNHCR besteht der dringendste Bedarf in den Bereichen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Nahrungsmittel, Unterkünfte, Gesundheit, Bargeldversorgung und grundlegende Hilfsgüter. Vor allem im Südsudan und in der Zentralafrikanischen Republik stellt die Verlegung der Flüchtlinge aus den Grenzgebieten eine große logistische und finanzielle Herausforderung dar. In vielen der Aufnahmeländer steht die Regenzeit bevor.
Der Bedarf an humanitärer Hilfe im Sudan war bereits vor der Zuspitzung der Lage so hoch wie nie zuvor: Rund 15,8 Millionen Menschen waren auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Zahl der Menschen im Sudan, die gegenwärtig humanitäre Unterstützung benötigen, beläuft sich auf 24,7 Millionen - mehr als die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung.
Vor Beginn der Kämpfe beherbergte der Sudan etwa 1,2 Millionen Flüchtlinge, eine der größten Flüchtlingspopulationen Afrikas, und etwa 3,7 Millionen Sudanesen waren Binnenvertriebene, vor allem in der Region Darfur, in der die Sicherheitslage seit 2003 instabil ist. Mit Stand vom Mai 2023 sind etwa 4,5 Millionen Frauen, Männer und Kinder Binnenvertriebene im eigenen Land.
Mehr als 800.000 Sudanesen waren vor der Eskalation der Auseinandersetzungen in die Nachbarländer geflohen. Die Zahl der sudanesischen Flüchtlinge wird derzeit auf etwa 1 Million Menschen geschätzt.
Weitere Informationen
Vollständiger Text: UN fordert 3 Milliarden US-Dollar für lebensrettende Soforthilfe und Schutz für die von der Sudankrise betroffenen Menschen, gemeinsame Pressemitteilung von OCHA und UNHCR, veröffentlicht am 17. Mai 2023 (in Englisch)
https://www.unhcr.org/news/press-releases/un-calls-us-3-billion-rush-life-saving-aid-and-protection-people-impacted-sudan