Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) warnt, dass der akute Hunger in Afghanistan nicht mehr saisonal bedingt ist, sondern für Millionen von Menschen eine zermürbende tägliche Realität darstellt. Wie das WFP heute erklärte, werden zwei Drittel der Bevölkerung des Landes - 28,3 Millionen Menschen - im nächsten Jahr humanitäre Hilfe benötigen; im Jahr 2022 sind es 24,4 Millionen Männer, Frauen und Kinder. Der UN-Organisation zufolge hat die Unterernährung in Afghanistan den höchsten Stand erreicht, seit Aufzeichnungen geführt werden.
Nach Angaben des WFP trägt dessen Hilfe dazu bei, dass die Krise in Afghanistan nicht zu einer humanitären Katastrophe wird. Im Jahr 2022 unterstützte das WFP fast die Hälfte der Bevölkerung, indem es mehr als 1 Million Tonnen Nahrungsmittel verteilte und über 286 Millionen US-Dollar in Form von Bargeld und Gutscheinen direkt an Familien auszahlte, um ihnen zu helfen, ihren Nahrungsmittelbedarf zu decken. Da die Familien weniger denn je darauf vorbereitet sind, einen weiteren strengen Winter zu überstehen, stockt das WFP seine Hilfe für 15 Millionen Menschen auf, um ihnen das Überleben zu sichern.
In diesem Zusammenhang informierte der UN-Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten und Nothilfekoordinator, Martin Griffiths, gestern den UN-Sicherheitsrat über die humanitäre Lage in Afghanistan. Griffiths sagte, die humanitäre Gemeinschaft in Afghanistan sei voll mobilisiert und versuche, den dringendsten Bedarf zu decken.
"Siebenundneunzig Prozent der Afghanen leben in Armut. Zwei Drittel der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, um zu überleben. Zwanzig Millionen Menschen leiden unter akutem Hunger. Die Hälfte der Menschen braucht dringend Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen. Und 1,1 Millionen Mädchen im Teenageralter dürfen nach wie vor nicht zur Schule gehen. Fast 7 Millionen afghanische Staatsangehörige halten sich in den Nachbarländern auf, unter anderem als Flüchtlinge, und mehr als 3,4 Millionen Binnenvertriebene müssen erst noch einen Weg nach Hause finden", sagte Griffiths.
"Und als ob anhaltende Konflikte, hartnäckige Armut, wirtschaftlicher Niedergang und politische Instabilität nicht schon genug wären, muss sich Afghanistan auch noch mit einer sich verschärfenden Klimakrise auseinandersetzen. Es droht eine dritte Dürre in Folge, die zu mehr Vertreibung, mehr Krankheit und mehr Tod führen wird. Der Winter ist bereits in vollem Gange und lässt die Temperaturen in den Keller sinken", fügte der Nothilfekoordinator hinzu.
Afghanistan ist eine der größten und schwersten humanitären Krisen der Welt. Millionen von Menschen in dem südasiatischen Land leiden inmitten eines jahrzehntelangen Konflikts unter Elend und Hunger. Die kumulativen Auswirkungen von gewaltsamen Konflikten, Binnenvertreibung, Dürre und anderen Naturkatastrophen haben den Bedarf an humanitärer Hilfe im ganzen Land drastisch erhöht.
Prognosen zufolge werden zwischen November 2022 und März 2023 fast 20 Millionen Menschen in Afghanistan von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sein, darunter mehr als 6 Millionen Menschen, die sich in einer Notlage befinden. 4 Millionen Menschen sind akut mangelernährt, darunter 3,2 Millionen Kinder unter fünf Jahren. 28,3 Millionen Menschen werden im Jahr 2023 humanitäre Unterstützung benötigen.
Nach Angaben des Welternährungsprogramms ist Afghanistan nach wie vor das Land mit der weltweit höchsten Prävalenz unzureichender Nahrungsmittelversorgung. Die derzeitige Ernährungskrise wird durch die gleichzeitige Klimakrise noch verschärft, da 30 von 34 Provinzen in Afghanistan eine extrem schlechte Wasserqualität melden. Der Anteil der Haushalte, die im Jahr 2022 von einer Dürre betroffen sind, ist sechsmal höher als im Jahr 2020, da Afghanistan das dritte Dürrejahr in Folge erlebt.
Weitere Informationen
Vollständiger Text: Tägliches Pressebriefing des Büros des Sprechers des UN-Generalsekretärs, Transkript, veröffentlicht am 21. Dezember 2022 (in Englisch)
https://press.un.org/en/2022/db221221.doc.htm
Vollständiger Text: Erklärung des Untergeneralsekretärs für humanitäre Angelegenheiten und Nothilfekoordinator, Martin Griffiths, für die Unterrichtung des Sicherheitsrates über die humanitäre Lage in Afghanistan, 20. Dezember 2022 (in Englisch)
https://reliefweb.int/report/afghanistan/under-secretary-general-humanitarian-affairs-and-emergency-relief-coordinator-martin-griffiths-statement-security-council-briefing-humanitarian-situation-afghanistan-20-december-2022
Vollständiger Text: WFP Afghanistan: Lagebericht, veröffentlicht am 13. Dezember 2022 (in Englisch)
https://reliefweb.int/attachments/81715214-8c36-4a29-8ad6-d1f8424527fd/WFP-0000145298.pdf
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