Fast jeder zehnte Mensch in Burkina Faso wurde durch gewalttätige Konflikte vertrieben. Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass sich die Zahl der von schwerer Ernährungsunsicherheit Betroffenen im Vergleich zum letzten Jahr fast verdoppelt hat. Mehr als 600.000 Menschen leiden in dieser mageren Jahreszeit unter lebensbedrohlichem Hunger, warnen 28 internationale Hilfsorganisationen, die in dem Land tätig sind. In einer heute veröffentlichten gemeinsamen Erklärung fordern die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine dringende Aufstockung der Mittel für humanitäre Hilfe, um auf die derzeitige Situation zu reagieren. Durch die jüngste Vertreibungswelle in Burkina Faso ist die Gesamtzahl der Menschen, die zur Flucht gezwungen sind, auf über 1,9 Millionen gestiegen. Burkina Faso ist ein Staat in der Sahelzone Afrikas mit einer Bevölkerung von rund 21 Millionen Menschen.
Die Häufung gewaltsamer Übergriffe in dem Land hat dazu geführt, dass zwischen Januar und Juli 2022 mehr Menschen auf der Flucht waren als im gesamten Jahr 2021. Gleichzeitig kommt es immer häufiger zu großen Vertreibungsereignissen. Vier Jahre nach ihrem Beginn gehört die Vertreibungskrise in Burkina Faso immer noch zu den drei am schnellsten anwachsenden Krisen der Welt. Nach Angaben der Hilfsorganisationen sind allein zwischen Januar und Juli 2022 398.471 Menschen aus ihren Häusern geflohen sind, während im Jahr 2021 insgesamt 335.723 Vertreibungen gemeldet wurden.
"Für Kinder, die die Mehrheit der Vertriebenen ausmachen, ist es schon traumatisch genug, ihr Zuhause zurückzulassen, aber immer wieder fliehen zu müssen, während sie versuchen zu überleben, raubt den Familien jede Chance, ihr Leben wieder aufzubauen", sagte Benoit Delsarte, Landesdirektor von Save the Children.
Der 15-jährige Ousmane, eines von vielen Kindern, die mit dieser entmutigenden Ungewissheit konfrontiert sind, berichtete: "Ich bin zweimal vertrieben worden. Alles begann an dem Tag, als bewaffnete Männer in mein Dorf kamen und uns aufforderten, ihre Anweisungen zu befolgen oder zu verschwinden. Meine Eltern und ich suchten zunächst Zuflucht in einem nahe gelegenen Dorf. Leider kamen sie kurz darauf dorthin und brannten Schulen, Märkte und Geschäfte nieder. Wir waren gezwungen, erneut zu fliehen."
Die Stadt Seytenga nahe der Grenze zu Niger beherbergte über 12 000 Vertriebene, als sie am 11. Juni angegriffen wurde und Dutzende von Menschen ums Leben kamen. In den folgenden Stunden und Tagen flohen über 30 000 Menschen aus Seytenga und kamen in Dori an, einer Stadt, deren Größe sich seit Beginn der Krise bereits verdreifacht hatte.
Trotz der immensen Herausforderungen bei der Bereitstellung von Unterkünften, Wasser, Gesundheitsversorgung oder Bildung haben sich viele Gemeinden zusammengetan, um sich gegenseitig zu unterstützen. Es wird jedoch dringend mehr humanitäre Hilfe benötigt. Die unterzeichnenden Organisationen fordern eine umgehende Aufstockung der finanziellen Mittel. Acht Monate nach Jahresbeginn stehen für die humanitäre Hilfe nur 36 Prozent der erforderlichen Mittel zur Verfügung, obwohl der Bedarf in Burkina Faso enorm ist.
Die unterzeichnenden Organisationen sind:
- Action Contre la Faim
- ALIMA (Alliance for International Medical Action)
- CECI (Centre d’étude et de coopération internationale)
- CIAUD (Comité International pour l’Aide d’Urgence et le Développement)
- Concern Worldwide
- COOPI (Cooperazione Internazionale)
- Christian Aid
- Danish Refugee Council
- Geneva Call
- Help
- Humanité & Inclusion
- IEDA Relief (International Emergency and Development Aid)
- INTERSOS
- International Rescue Committee
- LVIA (Association Internationale Volontaires Laiques)
- Lutheran World Relief
- Médecins du Monde - France
- Médicos del Mundo
- Norwegian Refugee Council
- Oxfam
- Plan International
- Première Urgence Internationale
- Save the Children
- Secours Islamique France
- Solidarités International
- Terre des Hommes
- Welthungerhilfe
- World Vision
Weitere Informationen
Vollständiger Text: "Burkina Faso: Almost 2 million people displaced amid worst food crisis in a decade", Norwegian Refugee Council (NRC), veröffentlicht am 5. September 2022 (in Englisch)
https://www.nrc.no/news/2022/september/burkina-faso-almost-2-million-people--now-displaced-amid-worst-food-crisis-in-a-decad/