Die Vereinten Nationen und humanitäre Partnerorganisationen haben am Donnerstag die sofortige Öffnung eines humanitären Korridors in Haiti gefordert, um den Zugang zu Treibstoff am wichtigsten Tanklager des Landes zu ermöglichen. Sie sind zutiefst besorgt über die schwerwiegenden Folgen der Blockade des Varreux-Terminals für die humanitäre Lage, insbesondere durch das Wiederaufflammen der Cholera.
Der Varreux-Terminal, Haitis wichtigster Einfuhrpunkt für Treibstoff, wird seit Mitte September von bewaffneten Banden blockiert, was zu landesweiten Engpässen geführt hat. Die Blockade führte zur Schließung von Gesundheitszentren und zur Unterbrechung der offiziellen Wasseraufbereitung und der privaten Wasserproduktion. Der Zugang zu Trinkwasser, sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung ist stark beeinträchtigt, was für die Vorbeugung und schnelle Reaktion auf Cholera unerlässlich ist.
Die Krise, in der sich Haiti befindet, betrifft die Bevölkerung im gesamten Land, und die schwächsten Bevölkerungsgruppen sind die ersten, die unter der Blockade leiden. Da sich die Betriebsbedingungen in vielen Gesundheitszentren und Krankenhäusern verschlechtert haben, sind chronisch Kranke, Schwangere, Kinder und Neugeborene als Erste von den Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung betroffen.
Die Vereinten Nationen und humanitäre Partner sind besonders besorgt über die prekäre Lage in den 36 Notunterkünften im Großraum Port-au-Prince, in die rund 21.600 durch die jüngste Bandengewalt Vertriebene geflohen sind. In einigen Gebieten ist der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie aufbereitetem Wasser, Hygiene und sanitären Einrichtungen praktisch abgeschnitten, was die Bedingungen für die Ausbreitung der Cholera noch verschärft.
Obwohl Cholera ohne sofortige medizinische Hilfe tödlich sein kann, ist die Krankheit vermeidbar und behandelbar. Angesichts von mehr als 52 Verdachtsfällen und 5 von den Gesundheitsbehörden bestätigten Fällen von Cholera erklären die UN und ihre Partner, dass noch Zeit bleibt, um die Ausbreitung der Krankheit zu stoppen. Die Organisationen erinnern daran, wie wichtig es ist, die humanitären Grundsätze der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit zu beachten, wenn es darum geht, Zugang zu den von der Notlage betroffenen Menschen zu erhalten.
Mehr als 4,9 Millionen Menschen in Haiti - darunter 2,2 Millionen Kinder - sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, viele von ihnen leiden an Hunger und Unterernährung. Die weit verbreitete Armut, die steigenden Lebenshaltungskosten, die geringe landwirtschaftliche Produktion und teure Lebensmittelimporte haben die bestehende Ernährungsunsicherheit in Haiti noch verschärft. Seit mehr als einem Jahr wird das Land von weit verbreiteter, von Banden getragener Gewalt heimgesucht. Der Karibikstaat, der bereits das ärmste Land der westlichen Hemisphäre ist, leidet zusätzlich unter einer schweren Wirtschaftskrise, die zu massiven Protesten und Plünderungen geführt hat, und nun auch noch unter der Rückkehr der Cholera.
Weitere Informationen
Vollständiger Text: Die UN und ihre Partner in Haiti fordern die Schaffung eines humanitären Korridors, Pressemitteilung des Büros des UN Koordinators für humanitäre Hilfe in Haiti, veröffentlicht am 6. Oktober 2022 (in Englisch)
https://binuh.unmissions.org/en/press-release-un-and-its-partners-haiti-call-creation-humanitarian-corridor