Eine kurzzeitige Waffenruhe zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) ist am Montag um 21:45 Uhr lokaler Zeit (19:45 GMT) in Kraft getreten. Das Abkommen über den siebentägigen Waffenstillstand, der die Bereitstellung humanitärer Soforthilfe und die Wiederherstellung grundlegender Versorgungseinrichtungen im Sudan erleichtern soll, wurde am Samstag in Dschidda, Saudi-Arabien, von Vertretern der SAF und der RSF unterzeichnet.
Saudi-Arabien und die Vereinigten Staaten, die die Gespräche vermittelt hatten, gaben diesen Durchbruch am Samstag bekannt. Die Vereinbarung, die 48 Stunden nach ihrer Unterzeichnung wirksam wurde, gilt für sieben Tage und kann mit Zustimmung beider Parteien verlängert werden.
Im Rahmen des Abkommens haben sich die Konfliktparteien darauf geeinigt, die Lieferung und Verteilung humanitärer Hilfe zu erleichtern, die Grundversorgung wiederherzustellen und die Streitkräfte aus Krankenhäusern und wichtigen öffentlichen Einrichtungen abzuziehen. Die Parteien vereinbarten außerdem, die sichere Durchreise von humanitären Akteuren und Gütern zu erleichtern, so dass die Waren ungehindert von den Einreisehäfen zur bedürftigen Bevölkerung gelangen können.
Laut einer gemeinsamen Erklärung der saudi-arabischen Regierung und des US-Außenministeriums hatten die sudanesischen Streitkräfte und die Rapid Support Forces den saudi-arabischen und US-amerikanischen Vermittlern ihre Zusage übermittelt, während der 48-stündigen Notifizierungsfrist nach der Unterzeichnung des Abkommens und vor Beginn des Waffenstillstands keinen militärischen Vorteil zu suchen.
In der Erklärung wird darauf hingewiesen, dass die Parteien bereits früher Waffenruhen angekündigt haben, die nicht eingehalten wurden. Im Gegensatz zu früheren Waffenstillständen wurde die in Dschidda erzielte Vereinbarung von den Parteien unterzeichnet und wird von einem von den USA, Saudi-Arabien und der internationalen Gemeinschaft unterstützten Mechanismus zur Überwachung der Waffenruhe begleitet.
"Das sudanesische Volk leidet nun schon seit fünf Wochen unter den Folgen dieses verheerenden Konflikts. Das Königreich Saudi-Arabien und die Vereinigten Staaten stehen an ihrer Seite und wir fordern die Parteien auf, ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen über eine kurzfristige humanitäre Waffenruhe einzuhalten, um dem Volk die dringend benötigte Hilfe zukommen zu lassen", heißt es in der Erklärung.
Am Sonntag begrüßte der Trilaterale Mechanismus, bestehend aus den Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union und der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung ("Intergovernmental Authority on Development", IGAD), die Unterzeichnung des Abkommens.
Die internationalen Organisationen erklärten, dass "die Einhaltung des Waffenstillstands von entscheidender Bedeutung ist, um die Lieferung von Hilfsgütern an die über 25 Millionen Sudanesen zu erleichtern, die mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Landes ausmachen und sich in großer Not befinden".
Der Trilaterale Mechanismus forderte beide Parteien auf, den Waffenstillstand einzuhalten, und betonte, dass er bereit sei, die wirksame Umsetzung des siebentägigen Waffenstillstands sowie die regionalen und internationalen Bemühungen um eine rasche Beendigung der Kämpfe im Sudan zu unterstützen.
Die internationalen Organisationen riefen die gesamte internationale Gemeinschaft und die humanitären Akteure dazu auf, "ihre Bemühungen zur Unterstützung des sudanesischen Volkes in dieser kritischen Zeit dringend zu bündeln".
Seit dem Ausbruch der Kämpfe vor mehr als einem Monat wurden mindestens 705 Menschen getötet und 5.287 verletzt, wobei die tatsächliche Zahl wahrscheinlich viel höher ist. Der Konflikt zwischen dem sudanesischen Militär unter der Führung von General Abdel Fattah Burhan und der paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF) unter der Leitung von General Mohammed Hamdan Dagalo brach am 15. April aus, nachdem es monatelang zu Spannungen über die politische Zukunft des Landes und über die geplante Integration der RSF in die nationale Armee gekommen war.
Am 11. Mai unterzeichneten die sudanesischen Kriegsparteien eine Verpflichtungserklärung, in der Leitlinien für die Zulassung humanitärer Hilfe im Land festgelegt wurden. Die "Verpflichtungserklärung zum Schutz der sudanesischen Zivilbevölkerung" beinhaltete jedoch keinen Waffenstillstand.
Durch die jüngsten Kämpfe wurden bereits mehr als 1 Million Menschen vertrieben. Während mindestens 846.000 Menschen innerhalb des Sudans vertrieben wurden, sind über 250.000 Flüchtlinge und Rückkehrer aus dem Sudan geflohen, wobei viele Sudanesen im Tschad, in der Zentralafrikanischen Republik, in Ägypten und im Südsudan Zuflucht gefunden haben.
Der Bedarf an humanitärer Hilfe im Sudan war bereits vor der Verschlechterung der Lage so hoch wie nie zuvor, und rund 15,8 Millionen Menschen waren auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Zahl der Menschen, die humanitäre Unterstützung benötigen, beläuft sich nun auf 24,7 Millionen - mehr als die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung.
Vor Beginn der Kämpfe beherbergte der Sudan etwa 1,2 Millionen Flüchtlinge, eine der größten Flüchtlingspopulationen Afrikas, und etwa 3,7 Millionen Sudanesen waren Binnenvertriebene, vor allem in der Region Darfur, in der die Sicherheitslage seit 2003 instabil ist. Im Mai 2023 sind etwa 4,5 Millionen Frauen, Männer und Kinder Binnenvertriebene.
Mehr als 800.000 Sudanesen waren vor der Eskalation der Auseinandersetzungen in die Nachbarländer geflohen. Die Zahl der sudanesischen Flüchtlinge wird inzwischen auf mehr als 1 Million Menschen geschätzt.
Weitere Informationen
Vollständiger Text: Abkommen über einen kurzzeitigen Waffenstillstand und humanitäre Vereinbarungen zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF), unterzeichnet am 20. Mai 2023 (in Englisch)
https://www.state.gov/agreement-on-a-short-term-ceasefire-and-humanitarian-arrangements/
Vollständiger Text: Erklärung des Trilateralen Mechanismus zur Unterzeichnung eines Abkommens über einen kurzzeitigen Waffenstillstand und humanitäre Vereinbarungen, UN Integrated Transition Assistance Mission in Sudan (UNITAMS), veröffentlicht am 21. Mai 2023 (in Englisch)
https://unitams.unmissions.org/en/statement-trilateral-mechanism-signing-agreement-short-term-ceasefire-and-humanitarian-arrangements