Die Vereinten Nationen und Partnerorganisationen im humanitären Bereich haben am Dienstag gemeinsam mit der Regierung Malis einen 770 Millionen US-Dollar schweren Humanitären Bedarfs- und Reaktionsplan (HNRP) vorgestellt, um in diesem Jahr Millionen von Menschen in ganz Mali zu helfen. Der Plan zielt darauf ab, auf die dringenden Bedürfnisse von 4,7 Millionen Menschen zu reagieren, die von Konflikten, Vertreibung, Krisensituationen im Gesundheitsbereich und Klimaschocks betroffen sind, wobei für 2025 mit 6,4 Millionen Menschen gerechnet wird, die Hilfe benötigen.
Laut HNRP sind fast 80 Prozent der Menschen, auf die der Plan ausgerichtet ist, Frauen und Kinder. Der Plan zielt darauf ab, sie unter anderem mit Nahrungsmitteln, Wasser, Gesundheitsversorgung und Schutzdiensten zu versorgen.
„Die gesamte humanitäre Gemeinschaft und die Geber müssen dringend ihr Engagement für die Deckung der grundlegenden humanitären Bedürfnisse erneuern“, sagte der amtierende humanitäre Koordinator Khassim Diagne in Malis Hauptstadt Bamako.
„Wir sollten auch in Zusammenarbeit mit Entwicklungsakteuren innovative und nachhaltige Lösungen erforschen, um den Fortschritt aufrechtzuerhalten und die Widerstandsfähigkeit von Gemeinschaften zu stärken, die mit den Auswirkungen von Klimaschocks und lang anhaltender Vertreibung konfrontiert sind.“
Diagne dankte den Geldgebern für die Unterstützung der humanitären Hilfe in Mali im Jahr 2024, insbesondere nach den schweren Überschwemmungen, die das Land im vergangenen Jahr heimgesucht hatten. Im Jahr 2024 wurde die humanitäre Krise in dem Sahelland durch beispiellose extreme Hitze und schwere Überschwemmungen verschärft.
450.000 Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, waren von großflächigen Überschwemmungen in ganz Mali betroffen, was die Regierung dazu veranlasste, den nationalen Katastrophenzustand auszurufen. Tausende Menschen waren zur Flucht gezwungen und verloren ihr Zuhause und ihre Lebensgrundlage. Zehntausende Häuser und Gebäude wurden zerstört.
Allerdings wurden im Jahr 2024 nur 38 Prozent der für den Humanitären Reaktionsplan (HRP) benötigten Mittel – etwas mehr als 270 Millionen US-Dollar – zur Unterstützung von 4,1 Millionen Menschen bereitgestellt. Aufgrund dieses Finanzierungsdefizits und des eingeschränkten Zugangs konnten humanitäre Organisationen nur 1,8 Millionen gefährdeten Menschen, darunter auch Menschen in den entlegensten Gebieten, lebensrettende Hilfe leisten.
Mali ist ein Binnenstaat in der zentralen Sahelzone, in dem mehr als ein Drittel der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen ist und fast die Hälfte der weit verstreut lebenden Bevölkerung in extremer Armut lebt. Das Land rangiert auf dem Index der menschlichen Entwicklung (HDI) auf einem der hinteren Plätze.
Die humanitäre Krise in Mali zählt zu den am meisten vergessenen und vernachlässigten Krisen weltweit. Seit 2012 haben Konflikte, Unsicherheit und Klimakatastrophen – darunter Dürren und saisonale Überschwemmungen – zu Vertreibungen, Ernährungsunsicherheit und einem weit verbreiteten humanitären Bedarf im ganzen Land geführt.
Landesweit leiden derzeit etwa 900.000 Menschen unter einer Ernährungskrise oder einer noch schlimmeren Form von Hunger, und 2,9 Millionen Menschen sind von einer Ernährungsunsicherheit auf Stressniveau betroffen. Im Laufe des Jahres 2025 werden voraussichtlich 1,5 Millionen Menschen in eine kritische Ernährungslage (Krise oder schlimmer) geraten.
Seit 2022 haben sich die Feindseligkeiten im ganzen Land verschärft, nachdem die malischen Streitkräfte groß angelegte Operationen gegen die mit Al-Qaida verbundene Jamaa Nusrat al-Islam wal-Muslimin (JNIM) und den rivalisierenden Islamischen Staat der Großen Sahara (ISGS) gestartet haben. Beide islamistischen nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen (NSAGs) haben wiederholt Anschläge gegen Zivilisten verübt.
Besonders kritisch ist die Lage in den von Konflikten betroffenen Gebieten im Norden und in der Mitte Malis, wo Zugangsbeschränkungen und Massenvertreibungen das Überleben und die Würde der am stärksten ausgegrenzten Menschen bedrohen.
Im Mai 2021 kam es in Mali erneut zu einer militärischen Machtübernahme. Der Abzug der UN-Friedensmission in Mali (MINUSMA) im Jahr 2023 hat die Dynamik des Konflikts beeinflusst und zu erneuten Feindseligkeiten geführt. Menschenrechtsgruppen berichten, dass die Angriffe nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen in ganz Mali zugenommen haben.
Laut Human Rights Watch (HRW) hat sich die Menschenrechtslage in Mali im Jahr 2024 verschlechtert, weil die Angriffe bewaffneter islamistischer Gruppen auf Zivilisten und Menschenrechtsverletzungen durch Antiterror-Einsätze der malischen Streitkräfte und verbündeter ausländischer Kämpfer der mit Russland verbundenen Wagner-Gruppe anhielten.
Sicherheitsvorfälle, Angriffe und Entführungen sind für Millionen von Zivilisten und humanitären Helfern vor Ort eine tägliche Realität. Angriffe auf Zivilisten und Infrastruktureinrichtungen sowie Zusammenstöße zwischen staatlichen und nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen haben zu massiven Vertreibungen geführt.
Derzeit sind in Mali etwa 380.000 Menschen innerhalb des Landes vertrieben. Darüber hinaus beherbergt der Staat in der Zentralsahara mehr als 123.000 Flüchtlinge, von denen die meisten vor der Unsicherheit in den Nachbarländern geflohen sind. Rund 200.000 malische Flüchtlinge haben in den umliegenden Ländern Zuflucht gefunden, darunter Mauretanien, Niger und Burkina Faso.
Fast 1,8 Millionen Kinder im Alter von 6 bis 17 Jahren können nicht zur Schule gehen. Durch Unterbrechungen des Schulbetriebs aufgrund von bewaffneten Konflikten, Klimawandel und Vertreibung sind Kinder einem erhöhten Risiko von Missbrauch, Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt, und ihr Entwicklungspotenzial wird untergraben.
Die Notlage der Menschen in Mali ist Teil einer größeren regionalen Notsituation in der zentralen Sahelzone, zu der auch Burkina Faso und Niger zählen. Alle drei Länder werden nach aufeinanderfolgende Staatsstreiche zwischen 2021 und 2023 von Militärregierungen regiert.
Bewaffnete Konflikte, eine Verschlechterung der Sicherheitslage, politische Instabilität und weit verbreitete Armut sind die Hauptursachen für den humanitären Bedarf in der zentralen Sahelzone.
Sowohl Burkina Faso als auch Mali haben es auf die Krisen-Beobachtungsliste 2025 des International Rescue Committee (IRC) geschafft, in der die zehn Länder hervorgehoben werden, die am ehesten mit einem eskalierenden humanitären Bedarf konfrontiert sind.
Der Norwegian Refugee Council (NRC) hat die Zustände in Burkina Faso, Mali und Niger als einige der am meisten vernachlässigten Vertreibungskrisen der Welt identifiziert. Der NRC-Analyse zufolge gehörten alle drei Länder in der zentralen Sahelzone – Burkina Faso, Mali und Niger – zu den fünf am stärksten missachteten Krisen.
In diesem Zusammenhang haben die Vereinten Nationen letzte Woche den HRNP für das Nachbarland Burkina Faso vorgestellt, in dessen Rahmen 792,6 Millionen US-Dollar für die Bereitstellung von Nothilfe für Millionen von Menschen angefordert werden. Schätzungsweise 5,9 Millionen Menschen in ganz Burkina Faso benötigen in diesem Jahr humanitäre Hilfe.
Das neue HRNP zielt darauf ab, 3,7 Millionen Menschen bei der Umsetzung des nationalen Plans der Regierung zu unterstützen, der sich an alle Menschen, die Hilfe benötigen, richtet.
Im Jahr 2024 stellten Geldgeber fast 410 Millionen US-Dollar bereit, was jedoch nur 44 Prozent des Bedarfs entsprach. Infolgedessen erhielten nur 42 Prozent der Menschen, die unterstützt werden sollten, lebensrettende Hilfe.
Nach zwei Militärputschen im Jahr 2022 verschlechterte sich die Sicherheitslage in Burkina Faso. Im ganzen Land leben mehr als eine Million Menschen in Gebieten, die von bewaffneten Gruppen abgeriegelt sind und in denen sie nicht einmal Zugang zu den grundlegendsten Versorgungsleistungen haben. Nichtstaatliche bewaffnete Gruppen kontrollieren fast 40 Prozent des Territoriums von Burkina Faso.
Weitere Informationen
Vollständiger Text: Mali: Humanitärer Bedarf- und Reaktionsplan 2025, Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, Bericht, veröffentlicht am 21. Januar 2025 (in Französisch)
https://www.unocha.org/publications/report/mali/mali-besoins-humanitaires-et-plan-de-reponse-2025-janvier-2025