Der Bedarf an humanitärer Hilfe in Dutzenden von Ländern vom Jemen bis Somalia, Afghanistan und der Demokratischen Republik Kongo steigt, warnt das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) heute. Die humanitäre Organisation befürchtet, dass sich diese Entwicklung im Jahr 2023 fortsetzen wird. Laut IKRK ist für Millionen von Menschen in diesen Konfliktgebieten, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, dringend mehr Unterstützung erforderlich, um Leben zu retten und weiteres Leid abzuwenden.
"Heute gibt es mehr als 100 bewaffnete Konflikte in der Welt", sagte IKRK-Präsidentin Mirjana Spoljaric. "Das durch diese Konflikte verursachte Leiden der Zivilbevölkerung wird in Verbindung mit der sich verschärfenden Klimakrise und den steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen dazu führen, dass 2023 ein Jahr enormer humanitärer Not wird. Die Weltgemeinschaft muss sicherstellen, dass kein Konflikt auf der Strecke bleibt, sonst riskieren wir, dass viele Krisen unter hohen menschlichen Kosten in Vergessenheit geraten."
Martin Schüepp, IKRK-Direktor für humanitäre Einsätze, sagte in einer ergänzenden Erklärung, dass es auch eine Krise der Vernachlässigung gebe. Während der Bedarf an humanitärer Hilfe in Dutzenden von Ländern zunehme, liefen Länder wie Afghanistan, Somalia und die Demokratische Republik Kongo Gefahr, von der internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen zu werden.
Das IKRK appelliert an die internationale Gemeinschaft, dafür zu sorgen, dass all diese Konflikte nicht in Vergessenheit geraten und dass die notleidenden Menschen die Hilfe erhalten, die sie benötigen. Einige der humanitären Krisen, in denen der Bedarf steigt, sind: Somalia, Äthiopien, die Demokratische Republik Kongo, die Sahelzone, Afghanistan, Jemen, Syrien, Haiti und die Ukraine.
In Somalia leiden die Jüngsten aufgrund von Dürre und Konflikten zunehmend unter Hunger. Obwohl die Kämpfe im Norden Äthiopiens inzwischen eingestellt wurden, ist der Bedarf an humanitärer Hilfe nach zwei Jahren brutalen bewaffneten Konflikts immer noch akut. Im Osten der Demokratischen Republik Kongo haben sich die Kämpfe verschärft und sind bis in die Außenbezirke von Goma vorgedrungen. Die Gemeinden in der Sahelzone sind gefangen zwischen vorrückenden Wüsten, unberechenbarem Wetter und Gewalt. Millionen von Menschen wurden durch die Gewalt in Mali, Niger, Burkina Faso und Mauretanien aus ihren Häusern vertrieben.
Die wirtschaftliche Lage in Afghanistan verschlechtert sich weiter. Mehr als die Hälfte der afghanischen Bevölkerung, d. h. über 24 Millionen Menschen, sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die humanitäre Krise in Jemen wird sich 2023 wahrscheinlich noch verschärfen, falls es zu keiner Deeskalation des Konflikts kommt, keine wirtschaftlichen Verbesserungen eintreten und sich die Auswirkungen der Klimakrise verstärken. In Syrien verschlimmern die zunehmenden Fälle von akuter Durchfallerkrankung das Leiden der Menschen zusätzlich. Mehr als drei Millionen Menschen in Haiti sind aufgrund der anhaltenden bewaffneten Gewalt, der zivilen Unruhen und des Wiederauftretens von Cholerafällen mit einem erhöhten Bedarf an humanitärer Hilfe konfrontiert.
Millionen von Menschen, die von Russlands Krieg gegen die Ukraine betroffen sind, sehen sich nach Angriffen auf wichtige Infrastrukturen den kältesten Monaten des Jahres mit begrenzter Wärme und Wasserversorgung gegenüber. Die am meisten gefährdeten Menschen, darunter Kinder, ältere Menschen, Verletzte und Menschen mit Behinderungen, werden wahrscheinlich am meisten leiden. Sie sind nicht nur den Elementen am stärksten ausgesetzt, sondern haben auch weniger Mittel, um alternative Wärme- und Wasserquellen zu finden.
Nach Angaben der humanitären Organisation hat der "internationale bewaffnete Konflikt zwischen Russland und der Ukraine " verheerende Auswirkungen auf die weltweiten Lebensmittel- und Energiepreise. Nirgendwo sind die Auswirkungen steigender Lebensmittel- und Energiepreise stärker zu spüren als in Gemeinden, die von bewaffneten Konflikten und Gewalt betroffen sind. So hat die Marktpreisüberwachung des IKRK im Jahr 2022 ergeben, dass die Preise für Grundnahrungsmittel in Äthiopien und Jemen um 45 % und in Mali, Afghanistan und Somalia um über 30 % gestiegen sind.
Das IKRK benötigt 2,8 Milliarden Schweizer Franken (2,842 Milliarden Euro, 2,935 Milliarden US-Dollar), um seine Arbeit im Jahr 2023 zu finanzieren.
Das 1863 gegründete Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist weltweit tätig, um Menschen zu helfen, die von Konflikten und bewaffneter Gewalt betroffen sind, und um die Gesetze zum Schutz von Kriegsopfern zu fördern. Das IKRK ist eine unabhängige humanitäre Organisation mit Sitz in Genf, Schweiz. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz ist zusammen mit der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) und 192 nationalen Gesellschaften Teil der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung.
Weitere Informationen
Vollständiger Text: Humanitarian needs to deepen in dozens of conflict zones as world's attention wanes, Pressemitteilung des IKRK, veröffentlicht am 29. November 2022 (in Englisch)
https://www.icrc.org/en/document/humanitarian-needs-deepen-dozens-conflict-zones-worlds-attention-wanes
Vollständiger Text: Pressebriefing des Informationsdienstes der Vereinten Nationen (UNIS) in Genf, 29. November 2022 (in Englisch)
https://www.ungeneva.org/en/news-media/bi-weekly-briefing/2022/11/press-briefing-united-nations-information-service-7
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