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  1. Humanitäre Nachrichten

NGOs setzen humanitäre Arbeit in Afghanistan aus

Von Simon D. Kist, 27 Dezember, 2022

Führende internationale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) haben angekündigt, dass sie ihre humanitäre Arbeit in Afghanistan zumindest vorübergehend einstellen werden. Der Schritt erfolgte, nachdem die Taliban als faktische Machthaber Berichten zufolge am Samstag eine Anordnung erlassen hatten, wonach alle weiblichen Mitarbeiter nationaler und internationaler Organisationen mit sofortiger Wirkung nicht mehr zur Arbeit gehen dürfen.

Als Reaktion auf die Ankündigung des Verbots für NGOs, Frauen in Afghanistan zu beschäftigen, erklärten Norwegian Refugee Council (NRC), CARE International und Save the Children International am Sonntag in einer gemeinsamen Erklärung: 
"Ohne unsere weiblichen Mitarbeiter können wir die Kinder, Frauen und Männer in Afghanistan in ihrer Not nicht erreichen. Ohne die Frauen, die unsere Hilfe vorantreiben, hätten wir seit August 2021 nicht gemeinsam Millionen von Afghanen in Not erreicht. Abgesehen von den Auswirkungen auf die Bereitstellung lebensrettender Hilfe, wird dies Tausende von Arbeitsplätzen inmitten einer enormen Wirtschaftskrise betreffen.“

"Während wir Klarheit über diese Ankündigung gewinnen, setzen wir unsere Programme aus und fordern, dass Männer und Frauen gleichermaßen unsere lebensrettende Hilfe in Afghanistan fortsetzen können", so die NGOs.

Seitdem haben auch das International Rescue Committee (IRC), Mercy Corps, World Vision, Islamic Relief, Cordaid, Christian Aid, People in Need und mehrere andere Nichtregierungsorganisationen ihre Arbeit in Afghanistan vorübergehend eingestellt. Die Unterbrechungen der Hilfe wurden in separaten Erklärungen am Sonntag, Montag und Dienstag bekannt gegeben. Islamic Relief teilte mit, dass es lediglich "nicht lebensrettende Aktivitäten" einstelle.

Am 24. Dezember erhielten nationale und internationale NGOs ein Schreiben, wonach es Frauen ab dem 25. Dezember nicht mehr gestattet sei, für lokale und internationale Nichtregierungsorganisationen im Lande zu arbeiten.

Die Vereinten Nationen (UN) haben ihre "tiefe Besorgnis" über dieses Verbot zum Ausdruck gebracht. Nach Ansicht der UN würde eine solche Anordnung die grundlegendsten Rechte der Frauen verletzen und einen klaren Verstoß gegen humanitäre Grundsätze darstellen.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, forderte die Taliban heute auf, Maßnahmen, die sich gegen die Rechte von Frauen und Mädchen richten, unverzüglich zu widerrufen. Er wies auf die "schrecklichen Auswirkungen" auf ihr Leben und die destabilisierenden Risiken hin, die diese Maßnahmen für die afghanische Gesellschaft darstellen.

"Dieses jüngste Dekret der De-facto-Behörden wird schreckliche Folgen für die Frauen und für das gesamte afghanische Volk haben", sagte der Hochkommissar. "Das Verbot für Frauen, in NGOs zu arbeiten, wird sie und ihre Familien ihres Einkommens und ihres Rechts berauben, einen positiven Beitrag zur Entwicklung ihres Landes und zum Wohlergehen ihrer Mitbürger zu leisten", so Türk.

Afghanistan befindet sich nach wie vor in einer der schlimmsten humanitären Krisen der Welt. Millionen Menschen in dem Land leiden inmitten eines jahrzehntelangen Konflikts unter Elend und Hunger. Die kumulativen Auswirkungen von gewaltsamen Konflikten, Binnenvertreibung, Dürre und anderen Naturkatastrophen haben den Bedarf an humanitärer Hilfe in ganz Afghanistan drastisch erhöht. 

Der Zusammenbruch der Wirtschaft des Landes verschärft die humanitären Bedürfnisse noch weiter. Millionen von Afghanen - insbesondere Kinder und Frauen - benötigen dringend lebensrettende humanitäre Hilfe. Die Vereinten Nationen schätzen, dass im Jahr 2023 28,3 Millionen Menschen - zwei Drittel der Bevölkerung des Landes - humanitäre Hilfe benötigen werden, was einem Anstieg von 16 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Unter den Notleidenden sind 15,3 Millionen Jungen und Mädchen.


Weitere Informationen

Vollständiger Text: NGOs verurteilen das Verbot der afghanischen Behörden für NGO-Mitarbeiterinnen, Erklärung von Save the Children, Norwegian Refugee Council, CARE International, veröffentlicht am 25. Dezember 2022 (in Englisch)
https://www.nrc.no/news/2022/december/afghanistan-nrc-appalled-by-the-closing-of-universities-for-women/ngos-condemn-afghan-de-facto-authorities-ban-on-women-ngo-workers/

Vollständiger Text: Afghanistan: End destructive, destabilizing policies against women, Türk urges, Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte,  Pressemitteilung, veröffentlicht am 27. Dezember 2022  (in Englisch)
https://www.ohchr.org/en/press-releases/2022/12/afghanistan-end-destructive-destabilizing-policies-against-women-turk-urges

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