Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) hat am Freitag berichtet, dass es in den letzten Wochen einige Durchbrüche beim humanitären Zugang erzielt und Regionen im Sudan erreicht habe, die weitgehend von der Hilfe abgeschnitten waren, darunter Menschen, die von Hungersnot bedroht oder bereits betroffen sind. Das WFP betonte, wie wichtig es sei, jetzt Lebensmittel in der Nähe der gefährdeten Bevölkerungsgruppen einzulagern, da die Regenzeit nur noch wenige Wochen entfernt ist und große Lastwagen dann nur noch sehr schwer passieren können.
Der Sudan ist infolge des vor zwei Jahren ausgebrochenen Krieges von der weltweit größten Hungerkrise betroffen. Im ganzen Land leiden fast 25 Millionen Menschen – die Hälfte der Bevölkerung – unter akutem Hunger. Fast 5 Millionen Kinder und stillende Mütter sind akut unterernährt. Der Sudan ist der einzige Ort auf der Welt, an dem in mehreren Gebieten eine Hungersnot bestätigt wurde, deren Ausbreitung sich weiter fortsetzt.
„Im März hat das WFP 4 Millionen Menschen im gesamten Sudan erreicht – das ist die höchste monatliche Zahl seit Beginn des Konflikts im April 2023 und fast viermal so viele Menschen, wie wir vor einem Jahr im selben Monat unterstützt haben“, erklärte Samatha Chattaraj, Notfallkoordinatorin des WFP für den Sudan, am Freitag gegenüber Journalisten in Genf.
"Darunter sind 1,6 Millionen Menschen in Gebieten, die als von Hungersnot betroffen oder von Hungersnot bedroht eingestuft sind. Das bedeutet, dass wir im letzten Monat vier von fünf Menschen in diesen extremen Notlagen in allen 27 von Hungersnot betroffenen oder bedrohten Gebieten unterstützt haben."
Chattaraj sprach per Videokonferenz aus Port Sudan, wohin sie diese Woche von einer Mission in der Hauptstadt Khartum zurückgekehrt war. Dort hatte sie sich mit lokalen Behörden getroffen, um die Nahrungsmittel- und Ernährungshilfe für eine Million Menschen im Großraum Khartum im nächsten Monat auszuweiten.
„Das kann nicht schnell genug gehen, da davon viele Gebiete stark von Hungersnot bedroht sind“, sagte die WFP-Vertreterin.
„Was ich gesehen habe, war absolut verheerend. Weite Teile der Stadt sind zerstört. Der Hunger und die Verzweiflung sind extrem groß – dennoch geben die Menschen die Hoffnung nicht auf. Wir gehen davon aus, dass viele in den kommenden Monaten versuchen werden, in ihre Häuser zurückzukehren. Aber ihre Grundbedürfnisse – darunter auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln – müssen gedeckt werden.“
Chattaraj sagte, die Verteilung von Nahrungsmitteln des WFP für 100.000 Menschen habe gerade in Jabal Awlia begonnen, einem Gebiet südlich von Khartum, das stark von einer Hungersnot bedroht ist.
„Diese Lastwagen sind letzte Woche angekommen und sind die ersten Hilfslieferungen nach Jabal Awlia seit Dezember letzten Jahres“, sagte sie.
„Weitere Hilfslieferungen sind in den kommenden Wochen auf dem Weg nach Khartum, da wir uns um eine stärkere operative Präsenz bemühen, die regelmäßige Lieferungen in die Hauptstadt ermöglichen wird.“
In einer weiteren Entwicklung lieferte das WFP fast 800 Tonnen Nahrungsmittelhilfe in die von Hungersnot betroffenen Gebiete in den westlichen Nuba-Bergen und unterstützte damit 64.000 Menschen. Dies waren die ersten Nahrungsmittellieferungen in das Gebiet seit Beginn des Krieges vor zwei Jahren.
Am 15. April 2023 begann ein brutaler Krieg zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF), der eine beispiellose humanitäre Katastrophe ausgelöst hat. Mehr als 30 Millionen Menschen, darunter über 16 Millionen Kinder, benötigen dringend humanitäre Hilfe innerhalb des Landes.
Seit Beginn des Konflikts im Jahr 2023 wurden etwa 13 Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben, mehr als 4 Millionen von ihnen sind in Nachbarländer geflohen. Der andauernde Konflikt hat Schätzungen zufolge bereits 150.000 Menschenleben gefordert.
Katastrophale humanitäre Lage in Nord-Darfur
Die UN-Organisation teilte mit, dass weitere Lastwagen mit 1.600 Tonnen Lebensmitteln und Nahrungsmitteln für 220.000 Menschen in Tawila, Nord-Darfur, eingetroffen seien. Ein weiterer WFP-Konvoi aus Port Sudan sei derzeit auf dem Weg nach El Fasher, der Hauptstadt des Bundesstaates Nord-Darfur, und bringe 1.000 Tonnen Hilfsgüter für etwa 100.000 Menschen in der belagerten Stadt.
„Die Berichte aus den betroffenen Gebieten sind schockierend. Es ist zutiefst beunruhigend, dass rund 450.000 Menschen, die bereits von Hungersnot heimgesucht waren und unter schrecklicher Gewalt litten, innerhalb weniger Wochen aus El Fasher und dem Lager Zamzam fliehen mussten“, sagte Chattaraj.
Hunderttausende Zivilisten in El Fasher, Tawila und anderen Teilen Nord-Darfurs sind mit einer zunehmend katastrophalen humanitären Lage konfrontiert.
Vor etwa einem Jahr brachen in El Fasher heftige Kämpfe zwischen den SAF und der RSF aus, und in den letzten Monaten kam es in und um die Stadt zu intensiven Zusammenstößen, darunter gezielte Angriffe auf Zivilisten, die Brandstiftung in Wohngebieten sowie wahllose Bombardierungen und Beschüsse.
Die RSF, welche die Stadt El Fasher seit zwölf Monaten belagert und beschießt, hat ihre Offensive in den letzten Wochen verstärkt, darunter auch Angriffe auf das Vertriebenenlager Zamzam.
Diesen April kam es im Lager Zamzam zu massiven Gräueltaten, bei denen Hunderte Zivilisten getötet und Menschen massenhaft vertrieben wurden. Zuvor hatten miit den Rapid Support Forces verbündete bewaffnete Gruppen Zamzam angegriffen und das Lager unter ihre Kontrolle gebracht
Zamzam war Sudans größtes Lager für Binnenvertriebene (IDPs) und diente vor den jüngsten Angriffen als Zufluchtsort für mehr als 500.000 Frauen, Kinder und Männer. Es war eines von drei Vertriebenenlagern in der Region El Fasher, in denen Hungersnot herrschte.
Etwa 400.000 bis 500.000 Menschen sind aus Zamzam geflohen und suchen in El Fasher und den Städten Tawila und Dar As Salam Sicherheit und Zuflucht. Weitere Berichte sprechen von Vertriebenen, die nach Zentral-Darfur gekommen sind.
Humanitäre Organisationen vor Ort berichten, dass das Lager Zamzam fast leer sei und beinahe alle seiner mehreren hunderttausend Bewohner in andere Gebiete geflohen seien. Viele der kürzlich Vertriebenen waren monatelang durch die Kampfhandlungen in El Fasher oder Zamzam eingeschlossen gewesen.
Das WFP erklärte, es tue alles in seiner Macht Stehende, um den Menschen zu helfen, selbst angesichts der eskalierenden Gewalt. Im vergangenen Monat erhielten 270.000 Menschen in El Fasher und Zamzam Hilfe von der UN-Organisation.
Der massive Zustrom von Vertriebenen in Aufnahmegemeinden und -städte, in denen der Hilfsbedarf ohnehin schon hoch ist, setzt die Gesundheitsdienste, die Wasserinfrastruktur und die lokalen Ernährungssysteme in ganz Nord-Darfur unter enormen Druck.
„Wir mobilisieren Hilfe, um die Menschen zu erreichen, wohin auch immer sie geflohen sind – in verschiedenen Teilen [...] [der Region Darfur] und [...] [im Staat Nord-Darfur]“, sagte Chattaraj.
Bevorratung von Nahrungsmittelhilfe vor Beginn der Regenzeit
Das WFP weist darauf hin, dass seine Hilfslieferungen nach wie vor „nur einen Bruchteil des Bedarfs“ decken. Ziel der UN-Organisation ist es, bis Mitte des Jahres 7 Millionen Menschen zu erreichen, wobei der Schwerpunkt auf den 27 als von Hungersnot oder Hungersnotgefahr betroffenen Gebieten sowie auf Gebieten mit akuter Notlage der Ernährungssicherheit (IPC 4) liegt.
„Wir haben auch mobile Lagerhäuser nach Tawila geliefert. Diese werden derzeit aufgebaut, um die Lagerkapazitäten zu erhöhen, damit wir Lebensmittel vorrätig halten können. Dies ist vor der Regenzeit, die im Juni beginnt und viele Straßen in der Region Darfur unpassierbar machen wird, von entscheidender Bedeutung“, sagte Chattaraj.
„Ich kann gar nicht genug betonen, wie wichtig es ist, dass wir die Hilfe jetzt in der Nähe der notleidenden Bevölkerung bereitstellen. Wir haben nur noch wenige Wochen Zeit, bevor die Regenzeit beginnt und es für große Lastwagen mit Nahrungsmittelhilfe sehr schwierig wird, zu fahren.“
Diese Fortschritte seien jedoch fragil, so die WFP-Vertreterin. Während das Welternährungsprogramm seine Maßnahmen zur Bewältigung der weltweit größten humanitären Krise ausweite, benötige es einen ungehinderten Zugang zu den Menschen in Not, um eine kontinuierliche Versorgung der gefährdeten Bevölkerungsgruppen sicherzustellen, sowie zusätzliche Finanzmittel, um den enormen Bedarf der sudanesischen Bevölkerung zu decken.
„Nur so kann die Hungersnot aufgehalten werden“, betonte Chattaraj.
Auf Fragen von Medienvertretern erklärte sie, die massiven Mittelkürzungen der Vereinigten Staaten für humanitäre Hilfe weltweit hätten keine Auswirkungen auf die Operationen des WFP im Land, da die Zuweisungen an die UN-Organisation für den Sudan unverändert geblieben seien. Sie fügte hinzu, dass das WFP dafür sehr dankbar sei, und appellierte an die USA, ihre lebensrettende Hilfe für den Sudan fortzusetzen.