Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) hat am Dienstag angekündigt, die allgemeine Verteilung von Nahrungsmitteln in den Gebieten des Jemen, die von den Behörden in Sanaa kontrolliert werden, auszusetzen. Grund für die Pause sind vor allem die begrenzten Finanzmittel und das Fehlen einer Vereinbarung mit den Behörden über ein kleineres Programm, das die verfügbaren Mittel den bedürftigsten Familien zukommen lässt. Sanaa und die nördlichen Regionen des Jemen stehen unter der Kontrolle der Ansar-Allah-Bewegung - auch bekannt als Huthi-Gruppe.
In einer Stellungnahme vom Dienstag erklärte das WFP, diese schwierige Entscheidung sei in Absprache mit den Gebern getroffen worden und komme nach fast einjährigen Verhandlungen, in denen keine Einigung mit den Behörden im Norden des Landes erzielt werden konnte, um die Zahl der unterstützten Menschen von 9,5 Millionen auf 6,5 Millionen zu reduzieren.
Die Nahrungsmittelbestände in den von den Huthi verwalteten Gebieten sind inzwischen fast vollständig aufgebraucht, und die Wiederaufnahme der Nahrungsmittelhilfe könnte selbst bei einer sofortigen Einigung bis zu vier Monate dauern, da die Lieferkette für die humanitäre Nahrungsmittelhilfe im Jemen unterbrochen ist.
Das WFP erklärte, es werde seine Programme zur Sicherung des Lebensunterhalts, der Ernährung und der Schulspeisung fortsetzen, um die Auswirkungen der Unterbrechung der Nahrungsmittelverteilung einzudämmen, solange es über ausreichende Finanzmittel und die Kooperation der Behörden im Norden des Landes verfügt.
In den Gebieten des Jemen, die von der Regierung kontrolliert werden, wird die allgemeine Verteilung von Nahrungsmitteln fortgesetzt, wobei der Schwerpunkt auf die bedürftigsten Familien gelegt wird, wie im August letzten Jahres angekündigt.
Im August hatte die UN-Nahrungsmittelhilfe bekannt gegeben, dass sie ab Ende dieses Jahres mit einer tieferen Finanzierungskrise für ihre Maßnahmen im Jemen konfrontiert sei und für 2023 weitere Kürzungen ihrer Nahrungsmittelhilfeprogramme im ganzen Land geplant habe. Das Welternährungsprogramm hatte bereits vor August lebensrettende Programme gekürzt.
Ähnliche Kürzungen finden bei fast der Hälfte der WFP-Einsätze in der ganzen Welt statt. Die UN-Organisation, der größte Empfänger von Hilfsgeldern, befindet sich inmitten einer lähmenden Finanzierungskrise, die die Organisation dazu zwingt, lebensrettende Hilfe in einer Zeit zu kürzen, in der der akute Hunger weltweit ein Rekordniveau erreicht.
Wie die meisten UN-Hilfsorganisationen leidet auch das Welternährungsprogramm unter einem ernsthaften Geldmangel für seine Arbeit. Seit März hat das WFP daher die Hilfe für Millionen von Menschen gekürzt und die Nothilfe für weitere Millionen Menschen weltweit ausgesetzt.
Cindy McCain, die Anfang April dieses Jahres die Leitung der UN-Nahrungsmittelhilfe übernommen hat, sagte zwar zu, die Mittel aufzustocken und neue Geber zu finden, doch bisher sind keine spürbaren Verbesserungen zu verzeichnen. Millionen von notleidenden Menschen, die dringend auf Hilfe angewiesen sind, haben keine lebensrettende Unterstützung erhalten und sind aufgrund der anhaltenden Finanzierungslücken weiterhin von lebensbedrohlicher Härte bedroht.
Jemen ist nach wie vor eine der größten humanitären Krisen der Welt. Schätzungsweise 21,6 Millionen Menschen werden im Jahr 2023 humanitäre Hilfe oder Schutz benötigen. Die humanitäre Krise, die in erster Linie durch den anhaltenden Konflikt und den wirtschaftlichen Zusammenbruch ausgelöst wurde, hat sich durch kritische Finanzierungslücken, die globale Inflation und Zugangsschwierigkeiten noch verschärft.
Darüber hinaus hat die weltweite Nahrungsmittelknappheit die Situation verschlimmert. Viele bedürftige Haushalte im Jemen haben Schwierigkeiten, sich mit Nahrungsmitteln zu versorgen, da die Preise unerschwinglich geworden sind.
Das derzeitige Ausmaß des Hungers im Jemen ist nach wie vor hoch. Schätzungsweise 2,2 Millionen Kinder im Jemen sind akut unterernährt, darunter fast 540.000 Kinder unter fünf Jahren, die an schwerer akuter Unterernährung leiden. Nach der jüngsten IPC-Analyse waren im Jahr 2022 17 Millionen Menschen im Jemen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen.
Laut einer aktuellen Haushaltsbefragung hat sich die Ernährungssicherheit im Oktober 2023 im Vergleich zum Vormonat und zum Oktober 2022 leicht verbessert. Dennoch ist die Ernährungsunsicherheit im Jemen nach wie vor weit verbreitet; rund 51 Prozent der befragten Haushalte in den von der Regierung kontrollierten Gebieten und 46 Prozent in den von den Houthi kontrollierten Gebieten konnten im Oktober ihren Mindestbedarf an Nahrungsmitteln nicht decken.
Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass im gesamten Jemen zwischen November 2023 und April 2024 weiterhin ein hoher Bedarf an Nahrungsmittelhilfe bestehen wird, da sich die wirtschaftlichen Bedingungen insbesondere im Südjemen weiter verschlechtern, so ein gemeinsamer Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und des WFP, der im Oktober veröffentlicht wurde.
Die Unterernährungsrate bei Kindern ist eine der höchsten der Welt, und die Ernährungslage verbessert sich nur leicht. Diese Fortschritte sind jedoch äußerst fragil und könnten sich schnell umkehren, wenn die Hilfsorganisationen aufgrund von Finanzierungsengpässen gezwungen sind, ihre Programme zu reduzieren oder auszusetzen.
Der seit mehr als acht Jahren andauernde bewaffnete Konflikt im Jemen hat Zehntausende von zivilen Opfern gefordert und Millionen von Menschen zur Flucht gezwungen, was den Jemen zu einer der größten humanitären Krisen der Welt macht. Seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2015 waren fast 6 Millionen Menschen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Darunter sind 4,5 Millionen Menschen, die innerhalb des Jemens vertrieben wurden.
Trotz eines sechsmonatigen Waffenstillstands im Jahr 2022 ist das Leid der Bevölkerung des Landes nach wie vor immens, vor allem aufgrund der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage und des Zusammenbruchs der Grundversorgung. Darüber hinaus steht der Jemen an vorderster Front der globalen Klimakrise, da wiederkehrende Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und schwere Dürren das Leben, die Sicherheit und das Wohlergehen der Menschen bedrohen.
Trotz des Auslaufens des Waffenstillstands im Oktober 2022 sind die Feindseligkeiten an der Front nicht auf das Niveau von vor dem Waffenstillstand zurückgekehrt, sondern es kommt weiterhin zu gelegentlichen Kämpfen. Auch wenn die Kämpfe in den letzten zwei Jahren nachgelassen haben, sind Millionen von Jemeniten weiterhin auf humanitäre Hilfe angewiesen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind unter den 21,6 Millionen Menschen, die dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, 11 Millionen Kinder.
Die Vereinten Nationen und ihre Partnerorganisationen haben für dieses Jahr 4,3 Mrd. US-Dollar gefordert, um Millionen von Menschen im ganzen Land zu helfen. Bis zum 6. Dezember sind nur 1,63 Mrd. Dollar von internationalen Gebern eingegangen (Deckungsrate von 38 Prozent).
Weitere Informationen
Vollständiger Text: WFP pausiert die Verteilung von Nahrungsmitteln in den nördlichen Gebieten des Jemen, Welternährungsprogramm (WFP), Pressemitteilung, veröffentlicht am 5. Dezember 2023 (in Englisch)
https://www.wfp.org/news/wfp-pauses-food-distributions-northern-areas-yemen