Alarmierende neue Daten zur Ernährungssicherheit im Südsudan zeigen, dass 57 Prozent der Bevölkerung in der mageren Jahreszeit 2025 akut von Ernährungsunsicherheit betroffen sein werden. Drei UN-Organisationen haben am Montag gewarnt, dass Menschen, die vor dem Krieg im Sudan in den Südsudan fliehen, sowie Kleinkinder mit den höchsten Raten von Hunger und Unterernährung konfrontiert sind, während ökonomische Zwänge und Klimaextreme zu einer Verschärfung der Hungerkrise führen.
Die jüngste Analyse der Integrierten Klassifizierung der Ernährungssicherheitsphase (IPC), die am Montag veröffentlicht wurde, zeigt, dass der Zustrom von Rückkehrern und Flüchtlingen, die vor dem Konflikt im Sudan fliehen, den Hunger verschärft und einen zusätzlichen Druck auf das ohnehin schon fragile Land ausübt. Mehr als 85 Prozent der südsudanesischen Rückkehrer, die aus dem Sudan geflohen sind, werden in der nächsten mageren Jahreszeit, die im April beginnt, von akuter Nahrungsmittelknappheit betroffen sein.
In einer gemeinsamen Stellungnahme erklärten die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), dass die Rückkehrer fast die Hälfte der Menschen ausmachen werden, die von einer Hungerkatastrophe betroffen sind, während sie sich inmitten einer beispiellosen Wirtschaftskrise, schwerer Überschwemmungen und der Priorisierung von Hilfsgeldern, da der Bedarf die Mittel übersteigt, ein neues Leben aufbauen müssen.
Der Südsudan ist eines der Länder, die am stärksten vom Krieg im Sudan betroffen sind. Mehr als 860.000 Menschen, darunter etwa 652.000 Rückkehrer, sind über die Grenze in den Südsudan geflohen, seit der Krieg im Nachbarland vor mehr als neunzehn Monaten ausbrach.
Aus dem IPC-Bericht geht auch hervor, dass die Auswirkungen der gleichzeitigen Krisen im Südsudan weitreichend sind: Die Gesamtzahl der Menschen, die von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind, wird bis zur nächsten Magersaison voraussichtlich auf 7,69 Millionen ansteigen, gegenüber 7,1 Millionen in diesem Jahr.
„Das Auftreten der Wirtschaftskrise und der damit verbundenen hohen Nahrungsmittelpreise als Hauptursache für die Ernährungsunsicherheit ist ein deutliches Signal, dass es an der Zeit ist, gemeinsam mehr in die Unterstützung der Südsudanesen bei der Produktion ihrer eigenen Nahrungsmittel zu investieren“, sagte Meshack Malo, FAO-Ländervertreter im Südsudan.
„Dies wird nicht nur das Lebensmittelbudget der Haushalte entlasten, sondern auch mehr Beschäftigungsmöglichkeiten im Agrarsektor schaffen und das Einkommen der Haushalte erhöhen, so dass sie sich gesünder ernähren können.“
Während Rückkehrer, die vor dem Krieg im Sudan fliehen, voraussichtlich am stärksten von Ernährungsunsicherheit betroffen sind, werden viele Gemeinden im gesamten Südsudan weiterhin mit der Wirtschaftskrise, extremen Überschwemmungen, anhaltenden Trockenperioden und Konflikten zu kämpfen haben, welche die erreichten Fortschritte zunichtemachen.
„Jahr für Jahr erleben wir, dass der Hunger im Südsudan einen der höchsten Werte erreicht, die wir je gesehen haben, und wenn wir uns die Gebiete mit der größten Ernährungsunsicherheit ansehen, wird klar, dass ein Cocktail der Verzweiflung - Konflikt und Klimakrise - die Hauptursachen sind“, sagte Mary-Ellen McGroarty, WFP-Länderdirektorin im Südsudan.
„Um den Hunger im Südsudan zu beseitigen, müssen die Ursachen des Hungers angegangen werden; die Gemeinschaften brauchen Frieden, sie brauchen Stabilität und sie brauchen Möglichkeiten, ihre Lebensgrundlagen aufzubauen oder wiederherzustellen, damit sie künftigen Schocks standhalten können.“
Mittlerweile sind fast 2,1 Millionen Kinder unter fünf Jahren von Unterernährung bedroht, gegenüber zuvor 1,65 Millionen. Darunter sind 650.000 Kinder, die an schwerer akuter Unterernährung leiden und dringend medizinische Hilfe benötigen.
Die UN-Organisationen berichten, dass die Kinder mehrmals im Jahr in die Ernährungszentren gebracht werden, da sie weiterhin unter dem schlechten Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen leiden. Krankheit ist eine der Hauptursachen für ihre Unterernährung, und fast die Hälfte der Kinder, die in die Datenerhebung einbezogen wurden, war in den vorangegangenen zwei Wochen krank gewesen.
„Unterernährung ist das Ergebnis einer Reihe von Krisen, wobei im Südsudan die anhaltend schlechten sanitären Verhältnisse und die Verbreitung von Krankheiten, die durch Wasser übertragen werden, neben der gravierenden Ernährungsunsicherheit besonders hervorzuheben sind“, sagte Hamida Lasseko, UNICEF-Vertreterin im Südsudan.
„UNICEF ist zutiefst besorgt, dass die Zahl der Kinder und Mütter, die von Unterernährung bedroht sind, weiter ansteigen wird, wenn die Bemühungen zur Verhinderung von Unterernährung durch die Bekämpfung ihrer Ursachen nicht verstärkt werden und gleichzeitig sofortige Ernährungshilfe zur Behandlung von Unterernährung bei Kindern, die ein höheres Sterberisiko haben, bereitgestellt wird.“
Laut IPC verschlechtert sich die akute Ernährungsunsicherheit und Unterernährung im Südsudan infolge der Wirtschaftskrise, wiederholter klimatischer Schocks - insbesondere weit verbreiteter Überschwemmungen - sowie des Konflikts und der Unsicherheit.
Im November 2024 befinden sich schätzungsweise 6,3 Millionen Menschen in der IPC-Phase 3 oder höher (Krise oder schlimmer). Davon sind 1,71 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen, die als IPC-Phase 4 (Notfall) eingestuft wird, und weitere 41.000 Menschen sind von katastrophaler akuter Ernährungsunsicherheit oder IPC-Phase 5 (Katastrophe) betroffen.
Laut IPC-Bewertungen ist der Südsudan eines von nur fünf Ländern und Gebieten auf der Welt, in denen derzeit ein katastrophales Ausmaß an Hunger herrscht. Die anderen sind Gaza, Sudan, Haiti und Mali. Zu den südsudanesischen Frauen, Männern und Kindern in Phase 5 (Katastrophe) gehören 10.000 Menschen im Bezirk Malakal (Bundesstaat Upper Nile) und schätzungsweise 31.000 südsudanesische Rückkehrer aus dem Sudan.
Während die Gesamtzahl der Menschen, für die eine Hungerkrise oder eine schlimmere Situation prognostiziert wird, während der Ernte- und Nacherntezeit von Dezember 2024 bis März 2025 leicht auf 6,1 Millionen Menschen zurückgehen wird, dürfte sich die Hungersituation zwischen April und Juli 2025 mit schätzungsweise 7,69 Millionen Menschen, die sich in Phase 3 oder einer schlimmeren Situation befinden, verschärfen.
Der Südsudan gehört zum Kreis der Länder, die am stärksten durch den Klimawandel gefährdet sind. Dürre und Überschwemmungen tragen zur Ernährungsunsicherheit bei. Rekordüberflutungen in den vergangenen Jahren haben zu weitreichenden Vertreibungen, dem Verlust von landwirtschaftlichen Flächen und der Zerstörung von Lebensgrundlagen geführt.
Auch im Jahr 2024 wird das Land von schweren Überschwemmungen heimgesucht. Mit Stand vom November sind rund 1,4 Millionen Menschen in 44 der 78 Bezirke des Südsudan und im Verwaltungsgebiet Abyei von den Überschwemmungen betroffen. Mehr als 379.000 Menschen wurden durch die Überflutungen vertrieben.
Während sich die humanitäre Krise im Südsudan verschlimmert und drei von vier der 12,4 Millionen Menschen des Landes humanitäre Hilfe benötigen, ist der diesjährige Hilfsappell zur Unterstützung von rund 6 Millionen der am stärksten gefährdeten Menschen des Landes nur zu 60 Prozent finanziert: Von den beantragten 1,8 Milliarden US-Dollar sind knapp 1,1 Milliarden US-Dollar eingegangen.
Weitere Informationen
Vollständiger Text: SÜDSUDAN: IPC Momentaufnahme der akuten Ernährungsunsicherheit und Unterernährung, September 2024 - Juli 2025, Integrierte Klassifizierung der Ernährungssicherheitsphase (IPC), Bericht, veröffentlicht am 18. November 2024 (in Englisch)
https://www.ipcinfo.org/fileadmin/user_upload/ipcinfo/docs/IPC_SouthSudan_Acute_Food_Insecurity_Malnutrition_Sept2024_July2025_Snapshot.pdf